Schade, der

[1319] Der Schade, des -ns, plur. die Schäden, von dem Zeitworte schaden. 1. Eigentlich, eine jede körperliche Verletzung, die Verletzung so wohl eines leblosen als lebendigen Körpers. Ein Glas hat einen Schaden, wenn es einen Riß oder Sprung hat. Das Vieh thut den Feldfrüchten Schaden, wenn es dieselben zertritt oder abfrißt. Feuerschade, Wetterschade, Wasserschade, die durch Feuer, Wetter oder Wasser geschehene Verletzung unsers Eigenthumes. Am häufigsten von der Verletzung eines lebendigen Körpers. Einen Schaden am Auge, am Fuße haben. Ein offener Schade. Ein innerer Schade. Ein Schade am Leibe, ein Leibesschade. Ein frischer Schade heilet leicht. Schade um Schade, Auge um Auge u.s.f. 3 Mos. 24, 20. Es ist hier ein allgemeiner Ausdruck, welcher eigentlich alle körperliche Verletzungen und daraus entstehende Unvollkommenheiten in sich schließt, sie seyn nun Wunden oder Geschwüre u.s.f. Indessen hat der Gebrauch es auch hier in manchen Fällen eingeschränkt; besonders wird es nur mit gewissen einmahl eingeführten Zeitwörtern gebraucht. Man sagt nicht, jemanden einen Schaden machen, ihm einen Schaden zufügen, ihn an seinem Leibe oder an seiner Gesundheit verletzen; wohl aber Schaden nehmen, zu Schaden kommen, an seinem Leibe verletzet werden, besonders wenn es gewisser Maßen von ungefähr geschiehet. Es soll dir kein Schade geschehen, du sollst auf keine Weise an deiner Gesundheit verletzet werden, welche R.A. auch von leblosen Körpern gebraucht wird; es soll kein Schade daran geschehen.

2. In weiterer und figürlicher Bedeutung.

1) Alles was den Zustand so wohl eines Dinges als einer Person unvollkommener macht, und die Versetzung in diesen Zustand; auch hier nur mit gewissen Zeitwörtern. (a) Im weitesten Verstande. Schaden an seiner Gesundheit, an seinem guten Nahmen, an seinem Vermögen, an seiner Seele leiden, wo man nicht Schaden nehmen oder zu Schaden kommen sagt, welche beyde R.A. nur von körperlichen Verletzungen gebraucht werden. Durch Schaden wird man klug. Jemanden Schaden thun, ihm Schaden zufügen. Das wird dir an deiner[1319] Ehre Schaden thun. Seiner Gesundheit Schaden thun. Seine Gewalt zu anderer Schaden mißbrauchen. Das wird dein Schade seyn, wird deinen Zustand unvollkommner machen. Dem Feinde im Kriege Schaden thun, Abbruch. (b) In engerer Bedeutung, Verminderung des Eigenthumes, so fern sie unvollkommener macht, Verlust am Vermögen; in welchem Verstande es beynahe am üblichsten ist. Nach ihrem Munde sollen alle Schäden gehandelt werden, 5 Mos. 21, 5. Jemanden Schaden thun, zufügen. Das thut mir vielen Schaden. Schaden bey einer Sache leiden. Eine Waare mit Schaden verkaufen. Schaden bey etwas haben. Einen Schaden ersetzen. Jemanden in Schaden bringen, setzen. Ein unersetzlicher Schade. Es ist für mehr als tausend Thaler Schade geschehen. Andern mit seinem Schaden dienen. Daraus könnte mir ein Schade erwachsen. Durch Schaden wird man klug, aber nicht reich. In Schaden gerathen. Etwas mit seinem Schaden lernen. Ich diene gern, aber ohne meinen Schaden. Einen Schaden tragen, den Verlust über sich nehmen. Das Verzeichniß der verursachten Schäden war zu hoch eingerichtet. Daher es denn auch wohl überhaupt für einen jeden nachtheiligen Verlust gebraucht wird. Der Tod eines großen Mannes ist ein unersetzlicher Schade für ein Land.

2) Ohne Zweifel ist hieraus auch der elliptische Gebrauch dieses Hauptwortes entstanden, da man es als ein Zwischenwort gebraucht, sein Bedauern über etwas an den Tag zu legen. Das ist Schade! das ist ein bedauerlicher Verlust. Ist das nicht Schade? Ey Schade! Schade! Das ist ewig Schade, Mord Schade, Jammer Schade! im gemeinen Leben. Der Gegenstand, welchen man bedauert, bekommt, wenn er ein Hauptwort ist, das Vorwort um, sonst aber die Partikel daß, und von einer künftigen Sache wenn. Es ist Schade um ihn! er ist zu bedauern, ingleichen, der Verlust seiner Person ist zu bedauern. Es ist kein Schade um ihn, an ihm ist nichts verloren. Es ist Schade um das Mädchen, daß sie nicht zu leben weiß, Gell. Es ist Schade, daß ich nicht eher gekommen bin. Es war Schade, daß er nicht da war, es war zu bedauern. Es wäre Schade, wenn es nicht geschehen sollte. Nach einer noch weitern Ellipse wird auch das Zeitwort mit dem Artikel häufig verbissen. Schade, daß sie das Gedicht nicht vollendet haben. Schade, daß ich kein Gleichniß dazu finden kann, Less. Schade, sprach er, solltest du Baum in dieß wilde Wasser stürzen! Geßn. d.i. es wäre Schade. Da es denn mit dem Vorworte für auch häufig ironisch gebraucht wird, anzudeuten, daß an einer Sache nichts gelegen ist. Schade für den Kranz! Schade für das Glück berühmt zu seyn, wenn es nicht beliebt macht! Gell.


Ey Schade für die Schafe,

Und für Tirenen mit! Ich lobe mir das Band,

Rost.


Doch Schade, dacht er, für die Ehre,

Wenn ich kein zärtlich Wort aus ihrem Munde höre,

ebend.


Anm. 1. In manchen Mundarten lautet dieses Wort in der ersten einfachen Endung der Schaden. In der Hochdeutschen Mundart ist diese Form, welche auch einige Mahl in der Deutschen Bibel vorkommt, zwar nicht ganz ungewöhnlich, aber doch eben nicht die beliebteste, ob das n gleich in allen übrigen Endungen bleibt. Da dieses Wort eigentlich ein Abstractum ist, so ist es auch im Singular allein am gewöhnlichsten, daher es denn auch so oft absolute und ohne Artikel gebraucht wird. Den Plural gebraucht man zwar auch, aber doch wohl nur allein in der zweyten engern Bedeutung des Verlustes an zeitlichem Vermögen; denn die Feuerschäden, Wetterschäden u.s.f. beziehen sich zunächst[1320] auf den durch das Feuer und Wetter verursachten nachtheiligen Verlust der Vermögens. Indessen leidet es auch hier kein eigentliches Zahlwort vor sich. In einigen Gegenden scheinet es Mängel, Unvollkommenheiten überhaupt zu bedeuten.

Darf keine neue Welt mit tausend Schäden schauen, Opitz. Und Gryphius scheint es für Streitigkeiten, Händel, zu gebrauchen:


Wer sich mischt in fremde Schäden.


Anm. 2. In der Fränkischen Mundart schon im 8ten Jahrhunderte Scadhe, bey dem Ottfried Scado, im Nieders. Schade, Schae, im Angels. Scathe, im Engl. Scath, im Schwed. Skada, im Isländ. Skade, im Böhm. und Wend. Skoda, im Pohln. Szkoda. Wachter leitete es von dem Griech. ατƞ, Schade, her, welches allenfalls ein weitläufiger Seitenverwandter davon seyn kann. Noch näher ist das Griech. ασχƞθƞς, welches bey dem Scholiasten des Homer für unverletzt vorkommt, damit verwandt. Der nächste Begriff ist der der körperlichen Verletzung, welcher wieder eine Figur der ersten ursprünglichen Bedeutung der heftigen Bewegung ist. Im Isländischen ist daher Manskiaed Todtschlag, Menschenmord. S. Schaden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1319-1321.
Lizenz:
Faksimiles:
1319 | 1320 | 1321
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Meister Floh. Ein Märchen in sieben Abenteuern zweier Freunde

Meister Floh. Ein Märchen in sieben Abenteuern zweier Freunde

Als einen humoristischen Autoren beschreibt sich E.T.A. Hoffmann in Verteidigung seines von den Zensurbehörden beschlagnahmten Manuskriptes, der »die Gebilde des wirklichen Lebens nur in der Abstraction des Humors wie in einem Spiegel auffassend reflectirt«. Es nützt nichts, die Episode um den Geheimen Hofrat Knarrpanti, in dem sich der preußische Polizeidirektor von Kamptz erkannt haben will, fällt der Zensur zum Opfer und erscheint erst 90 Jahre später. Das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren, der Jurist Hoffmann ist zu dieser Zeit Mitglied des Oberappellationssenates am Berliner Kammergericht, erlebt er nicht mehr. Er stirbt kurz nach Erscheinen der zensierten Fassung seines »Märchens in sieben Abenteuern«.

128 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon