Schauern

[1383] Schauern, verb. reg. act. et neutr. welches im letztern Falle das Hülfswort haben erfordert, und das Intensivum oder Frequentationum von schauen ist, so fern es ursprünglich eine schnelle rauschende Bewegung bedeutet. Es kommt nach Maßgebung des Hauptwortes 3 Schauer noch in folgenden Bedeutungen vor. 1. Es schauert, ist im gemeinen Leben einiger Gegenden als ein Impersonále für es hagelt üblich. Noch häufiger gebraucht man es,[1383] 2. von der zitternden vorüber gehenden Erschütterung der äußern Haut, welche durch Kälte, einen hohen Grad des Abscheues, des Schreckens, der Furcht u.s.f. verursacht wird. 1) Einen solchen Schauer empfinden. (a) Als ein persönliches Neutrum; in welcher Gestalt es doch nur von einigen Neuern gewagt worden. Sie würden schauern, wenn sie es hören sollten. Der junge Baum webt und schauert und fühlet die Glieder im Morgen oder der erweckten Schöpfung, Herd.


Verleihe mir auch Kraft zu dieser Bürde,

Die Helden oft zu tragen schauerten,

Schleg.


(b) In der dritten Person, mit ausdrücklicher Benennung der Haut, welche erschüttert wird, wo es mit der dritten Endung der Person verbunden wird. Ich fürchte mich, daß mir die Haut schauert, Ps. 119, 120. Ingleichen unpersönlich mit Auslassung des Wortes Haut. Es schauert mir, oder mir schauert, wenn ich daran denke. Es schauert ihm vor dem Tode, oder ihm schauert vor dem Tode. Der Unsterblichen (nähmlich Seele) schauert vor ihrer Zernichtung, Klopst.


Doch würde mir vor solchen Buben schauern,

Schleg.


2) Schauer verursachen. Eine schauernde Stille herrsche umher, Geßn. nur in der dichterischen Schreibart. Hierher gehöret auch das unpersönliche es schauert, wenn es von einigen mit der vierten Endung verbunden wird.


Es schauret (schauert) mich das Fleisch und auch der Sinn,

Opitz Ps. 119.


Welche Wortfügung doch im Hochdeutschen ungewöhnlich ist.

So auch das Schauern. Einen höhern Grad des Schauerns druckt man durch schaudern, und den stärksten durch schüttern, erschüttern aus.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1383-1384.
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