[1560] Schmêcken, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Activum. 1. Vermittelst des Geschmackes versuchen, einen Körper auf die Zunge nehmen, um dessen Geschmack durch öfteres Auf- und Zuschließen des Mundes zu empfinden; wo es den mit dieser Handlung verbundenen Laut genau nachahmet, daher auch diese Bedeutung als die erste und eigentliche angenommen werden muß. Indessen ist sie nur noch im gemeinen Leben, besonders[1560] einiger Gegenden, gangbar, indem in der anständigern Sprechart kosten eingeführet ist. Den Wein schmecken, kosten. Da ers schmeckte, wollte ers nicht trinken, Matth. 27, 34. Ingleichen figürlich, doch auch nur im gemeinen Leben, durch die Empfindung erkennen. Einem Kinde die Ruthe zu schmecken geben. Von diesen Widerwärtigkeiten hat Cajus noch nichts geschmeckt. 2. In weiterm Verstande, durch den Geschmack, oder vermittelst des Geschmackes erkennen, sich der Veränderungen, welche die Salztheilchen der Körper auf den Nervenwärzchen der Zunge machen, bewußt seyn. Nicht schmecken können. Scharf schmecken. Schmecken sie nichts? Ich schmecke, daß es süß ist. Ich schmecke das Salz in dem Wasser. Es ist im Passivo nicht gebräuchlich, ohne daß es deßwegen für ein Neutrum gehalten werden dürfte, indem es doch die vierte Endung der Sache leidet. 3. Figürlich. 1) Mit lebhafter Empfindung genießen; am häufigsten in der vertraulichen Sprechart. Ich schmecke kein Vergnügen recht, welches ich nicht mit ihnen theile. 2) In der Deutschen Bibel wird es nach einer gewöhnlichen Morgenländischen Figur, oft für empfinden, erfahren überhaupt gebraucht, welche Figur aber im Deutschen ungewöhnlich ist. Schmecket, wie freundlich der Herr ist, Ps. 34, 9. Die, welche geschmeckt haben die himmlische Gabe und das gütige Wort Gottes, Ebr. 6, 4. Den Tod nicht schmecken, in vielen Stellen.
II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, durch den Geschmack empfunden werden, diejenigen Veränderungen auf der Zunge hervor bringen, welche den Geschmack ausmachen. 1. Eigentlich. Die Quassia schmeckt bitter, der Zucker süß, der Alaun salzig. Gut, schlecht, übel schmecken. Das Gewürz schmeckt wie Pfeffer. Aber, nach etwas schmecken, das Daseyn eines Dinges oder seiner Theile durch den Geschmack verrathen. Der Wein schmeckt nach dem Fasse, die Speise nach dem Rauche. Das Man (Manna) schmeckte, wie einer wollte, daß es ihm schmecken sollte, Weish. 16, 20. Wie schmeckt dir diese Speise? 2. Figürlich. 1) Gut schmecken. Diese Speise schmeckt ihm. Ingleichen mit Gefallen, mit Appetit genossen werden, von Speisen und Getränken. Auf den Schinken schmeckt ein Trunk. Es schmeckt ihm, sagt man, wenn jemand wacker isset; ingleichen sichs schmecken lassen.
Wo bey der unbezahlten Freude
Sichs Wirth und Fremdling schmecken läßt,
Michäl.
Es will mir nichts schmecken, wenn man zu keiner Speise Appetit hat. 2) Empfunden, erfahren werden. Ein Gewinn von tausend Thalern schmeckt überaus gut. Diese Begegnung will mir nicht schmecken. Wie schmeckt dir dieser Einfall? Ingleichen mit Gefallen empfunden werden. Das will mir nicht schmecken. 3) Nach etwas schmecken, die Anwesenheit oder Eigenschaft einer Sache der Empfindung verrathen. Ein solcher Witz schmeckt nach der Schule. Die Frau schmeckt gewiß nach dem Dorfe, die ihrem Manne treu bleibt, Weiße. Daher das Schmecken, S. auch Geschmack.
Anm. Bey dem Ottfried smekan, bey dem Notker smecchan, im Nieders. schmecken, im Angels. smaeccan, im Engl. to smack, im Schwed. smaka, im Böhm. smakowati, im Pohln. smakuje. Es ist eine unmittelbare Nachahmung des mit dem Schmecken oder Kosten verbundenen Lautes, der ein schwächeres Schmatzen ist, daher smacken, smucken und smacksen, im Niedersächs. auch für schmatzen üblich ist, schmicken aber daselbst in kleinen Bissen essen bedeutet. Der Form nach ist es ein Intensivum, welches ein verstärktes Smagen ausdruckt; daher im Dänischen smage schmecken ist. Unser schmachten ist davon gleichfalls ein Intensivum, aber nach einer andern Form. Ohne Zischlaut gehören auch das Franz. macher, kauen, das Lat. Maxilla, u. a. m. dahin. Schmecke[1561] und Schmecker für Geschmack, d.i. das Vermögen zu schmecken, sind nur in den niedrigsten Sprecharten gangbar. Schmecken lautet in einigen groben Mundarten schmacken, und dieses a hat sich auch in vielen Ableitungen erhalten; woraus aber nicht folget, daß man deßhalb schmäcken schreiben müßte, so wenig als man lägen, sähen, bewögen u.s.f. schreibt, weil davon Lage, ich sahe, bewogen abstammen. In ganz Ober-Deutschland, doch in einigen Provinzen mehr als in andern, wird schmecken auch für riechen gebraucht, und in manchen Gegenden kennet man das letztere gar nicht. Die Blumen hangen ihr wohlschmeckendes Haupt, Opitz.
Je mehr man Saffran reibet,
Je stärker schmeckt er auch,
Opitz.
da er doch in andern Stellen beyde Begriffe hinlänglich unterscheidet. So seltsam diese Figur klinget, so philosophisch ist sie doch, weil Geschmack und Geruch im Grunde nur Ein und eben derselbe Sinn sind. In den niedrigen Sprecharten einiger Oberdeutschen Gegenden ist daher der Schmecker die Nase, die Schmecke und das Schmeckbüschel ein Blumenstrauß.