Segnen

[21] Sêgnen, verb. regul. act. mit dem Zeichen des Kreuzes als einem Ankündigungs- und Erwerbungsmittel übernatürlicher Wirkungen bezeichnen.

1. Eigentlich, in welcher Bedeutung es in der christlichen Kirche sehr frühe üblich ward, aber auch bald gemißbraucht worden, so daß man diesem bloßen Zeichen des Kreuzes allerley abergläubige Wirkungen beylegte, daher dieses Zeichen bey und nach der Reformation unter den Protestanten veraltete, obgleich das Wort in allen seinen schon damahls üblichen Bedeutungen geblieben ist. In der Römischen Kirche ist, sich segnen, noch jetzt, das Zeichen des Kreuzes mit den Händen vor sich machen. Sich kreuzigen und segnen. 2. In weiterm Verstande wird dieses Zeitwort auch von verschiedenen mündlichen Handlungen gebraucht, welche in der christlichen Kirche mit diesem Zeichen des Kreuzes verbunden waren, und noch sind.

(1) Durch das Zeichen des Kreuzes und mit Hersagung gewisser Formeln übernatürliche Wirkungen hervor zu bringen suchen; eine noch unter dem großen Haufen in der katholischen Kirche übliche Bedeutung. Das Feuer segnen. Das Vieh, das Fieber u.s.f. segnen. S. Segen. Daher Segner ehedem einen Zauberer oder Beschwörer dieser Art bedeutete.

(2) * Mit dem Zeichen des Kreuzes und Anwünschung alles Guten von jemanden Abschied nehmen, eine in der christlichen Kirche ehedem übliche Bedeutung, daher segnen und gesegnen ehedem so viel war, wie Abschied von etwas nehmen, dasselbe verlassen. Die Welt segnen oder gesegnen, sterben. Segne Gott und stirb, Hiob 2, 9; entsage Gott.


[21] Der Mensch stirbt zeitlich oder spat,

So bald er nur gesegnet hat,

So wird er in den Sand versenket,

Opitz.


Im Hochdeutschen ist es in dieser Bedeutung veraltet.

(3) Mit dem Zeichen des Kreuzes danken, und in weiterm Verstande danken überhaupt; eine gleichfalls veraltete Bedeutung. Theuerdank gesegnet sie freuntlich, Theuerd. Kap. 106,

er dankte ihnen. Besonders wird es in der höhern Schreibart für danken, preisen gebraucht. Laß uns das Glück segnen, welches uns mit den Empfindungen der Tugend bekannter macht, Dusch. Segnet sein Grab, streut Rosen darauf, Zach.

(4) Böses wünschen, fluchen, lästern, vielleicht auch, weil man dazu ehedem das Zeichen des Kreuzes mißbrauchte; eine veraltete Bedeutung, welche indessen noch in der Deutschen Bibel vorkommt. Du hast Gott und dem Könige gesegnet, 1 Kön. 21. 10. Er wird dich ins Angesicht segnen, Hiob 1, 11.

(5) Mit dem Zeichen des Kreuzes feyerlich die göttliche Gnade ankündigen und mittheilen. So segnet der Geistliche in der Kirche das Volk. Da es denn auch von allen feyerlichen Ankündigungen künftiger Glückseligkeit gebraucht wird, wenn selbige gleich nicht mehr mit diesem Zeichen verbunden ist. So segnet ein sterbender Vater seine Kinder. S. auch Einsegnen. In noch weiterer Bedeutung, für Gutes wünschen überhaupt, doch nur in der biblischen Schreibart. Man schilt uns, so segnen wir, 1 Cor. 4, 12.

3. Figürlich, die diesem Zeichen zugeschriebene gute Wirkung hervor bringen, wo es eigentlich von Gott gebraucht wird. Es bedeutet hier überhaupt, den menschlichen Bemühungen alles das Gute in reichem Maße ertheilen, welches sie zu erhalten suchen, dahin denn guter Erfolg, Gedeihen, Vervielfältigung des Vermögens, u.s.f. gehören. Gott segne ihr Bemühen, er lasse dasselbe einen guten Erfolg haben. Einen gesegneten Ausgang haben, einen von Gott veranstalteten guten Ausgang. Mit Gesundheit, mit zeitlichen Gütern, mit Kindern gesegnet seyn. Ein gesegneter, von Gott beglückter, Mann. Gesegnetes Leibes seyn, schwanger seyn. Im Scherz gebraucht man es auch wohl von Dingen, welche nicht als ein Gut betrachtet werden können. Mit Fehlern gesegnet seyn, viele Fehler haben.

So auch das Segnen. Das Hauptwort die Segnung für Segen wird zuweilen in der höhern Schreibart gebraucht.

Anm. Bey dem Ottfried und im Tatian segenon, im Nieders. segenen. Zu Kero Zeiten scheinet dieses Wort noch nicht gangbar gewesen zu seyn, weil er benedicere immer noch durch uuihan oder uuelaquedan, wohl sagen, übersetzt. Da wir eine Ableitungssylbe -nen haben, welche Iterativa und Intensiva macht, so würde sich dieses Zeitwort auch füglich aus dieser Form erklären lassen, da es von einem alten mit sagen verwandten Zeitwort segen abstammen würde, von welchem das Hauptwort Segen noch ein Überbleibsel wäre. Allein es ist weit wahrscheinlicher, daß es erst mit der christlichen Religion aus dem Lat. signare eingeführet worden, und ursprünglich nichts anders als mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnen, bedeutet hat, da es denn durch den in der christlichen Kirche nach und nach aufgekommenen häufigen Gebrauch und Mißbrauch nicht nur ein völlig Deutsches Ansehen, sondern auch den weiten Umfang seiner Bedeutungen bekommen hat. Die schwedische Sprache bestätiget diese Ableitung, wo signa sowohl mit dem Zeichen des Kreuzes bezeichnen, als auch beschwören, Gutes ankündigen, und endlich auch siegeln oder signiren bedeutet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 21-22.
Lizenz:
Faksimiles:
21 | 22
Kategorien: