Sonst

[149] Sonst, adverb. welches in allen seinen Bedeutungen eine Absonderung, eine Ausnahme, eine Ausschließung bezeichnet. Es bedeutet,

1. Etwas anderes, im Oberd. anders. Haben sie noch sonst etwas? außer diesem, etwas anders. Wer weiß, was sie sonst noch für einen Feind haben. Weil ich zuweilen in dem Zuschauer oder sonst in einem weltlichen Buche lese, Gell. oder in einem andern weltlichen Buche. Was wollen sie sonst damit sagen? Dein Bruder oder sonst jemand. Ingleichen mit verneinenden Wörtern. Ich habe sonst nichts, sonst nichts gehöret, nichts anders, außer diesem nichts. Er hat sonst nichts gethan. Sonst niemand als du. Ich habe sonst keine Vorzüge als meine Unschuld. Mein Herz ist mein Reichthum, sonst besitze ich nichts, Gell. Die Bedeutung ist hier adjectivisch, die Form aber völlig adverbisch.

2. In mehr adverbischer Bedeutung. (1) Auf andere Art. Daniel, der sonst Belsatzer heißet, Dan. 4, 16. Aber vielleicht gehöret diese Vorstellung sonst in die Reihe deiner Empfindungen, Gell. (2) In andern Stücken, nur im gemeinen Leben.


Kein Kluger liebt ein Mensch von ihrer Kleidung wegen,

Die sonsten gräulich ist,

Opitz.


(3) An einem andern Orte. Im Grabe ist Trost für mich, sonst nirgends. Mich däucht, daß ich ihn sonst wo gesehen habe. (4) Zur andern Zeit, eine der gangbarsten Bedeutungen. Er ist ja sonst so vernünftig. Sonst bin ich gerne bey dir. Komm sonst einmahl wieder. Sie lesen mir ja sonst keine Fabeln vor. Du pflegest doch sonst nicht so zu denken.


Der Schiffer, sonst ein finstrer Mann,

Sah seine Schönen freundlich an,

Gell.


Da es denn in engerer Bedeutung auch wohl von einer andern vergangenen Zeit gebraucht wird, für ehedem. Sonst war er nicht so. Sonst waren wir gute Freunde. (5) Im entgegen gesetzten Falle, wo es zugleich etwas von einem verursachenden Bindeworte an sich nimmt. Bezahle mich, sonst verklage ich dich. Wenn sie es sagen wollen, so machen sie, sonst gehe ich, Gell. Ich will ihm nachgehen, er möchte sonst gar zu große Händel anrichten, eben ders. Der Spaß könnte mir sonst theuer zu[149] stehen kommen, Weiße. Kommt ja, sonst stirbt die Frau Schwägerin, Gell. (6) Ich könnte, wenn ich sonst wollte, wenn ich nur wollte.

Anm. Sonst, in den gemeinen Mundarten auch sonsten, im Oberd. ansonst, ansonsten, im Nieders. sus, süß, sust, susten, sustes, stammet von sonder, ohne, und sondern, trennen, ab, daher auch der Begriff beyder Wörter in allen Bedeutungen desselben der herrschende ist. Die Verwandtschaft mit sonder, ohne, wird auch durch das Ital. seuza und Franz. sans, ohne, bestätiget, welche durch eben denselben Endlaut aus dem verwandten sine gebildet worden. Im Oberdeutschen ist für sonst in den meisten Fällen anders üblich. S. auch Umsonst.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 149-150.
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