Stapel, der

[296] Der Stapel, des -s, plur. ut nom. sing. ein Wort, welches vorzüglich in der Niederdeutschen Mundart einheimisch, und aus derselben auch in die Hochdeutsche aufgenommen worden ist, in der Oberdeutschen aber Staffel lautet. Es kommt in einer doppelten Hauptbedeutung vor.

1. Ein Pfahl, eine Stütze, eine nur in einigen Fällen und Gegenden gangbare Bedeutung. So werden in den Salzwerken die in die Erde gegrabenen Pfähle, worauf die Sogbäume geleget werden, welche die Pfannen tragen, Stabeln, Stapeln, oder richtiger Stapel genannt, an deren Statt man sich auch wohl gemauerter Pfeiler bedienet. Auch wenn man die Pfannen reiniget, werden sie niedergelegt, und an einer Seite ein Stapel, d.i. eine Stütze, untergesetzt. Der Heckpfahl, oder derjenige Pfahl, woran das Heck oder die niedrige Gatterthür in den Zäunen u.s.f. befestiget ist, heißt in Niedersachsen häufig der Heckstapel. Im Angels. ist Stapul gleichfalls ein Pfahl. Es ist in dieser Bedeutung mit dem Lat. Stipes, den Deutschen Stab, Stubbe, Stoppel, Steif u.s.f. genau verwandt.

2. Ein Haufe mehrerer Dinge. (1) Eigentlich, in welchem Verstande es vorzüglich in Nieder-Deutschland gangbar ist; Nieders. Stapel, Engl. Staple, Schwed. Stapel, und schon im Salischen Gesetze Staplus. Ein Stapel Holz, ein Holzstapel, ein Haufe ordentlich auf einander gelegten Holzes. Ein Stapel Thaler, in Niedersachsen, ein Haufe auf einander gesetzter Thaler. Auf einen Stapel legen, auf einen Haufen, eben daselbst. Ein Stapel Volks, ein Haufe Volks. Im Hochdeutschen höret man es in dieser Bedeutung selten, außer etwa im gemeinen Leben. So setzen die Gärber ihre Häute in Stapel, wenn sie selbige in Haufen legen.

(2) In engerer und zum Theil figürlicher Bedeutung. (a) Eine Unterlage, ein Gestell, Gerüst, worauf etwas ruhet; vorzüglich auch im Niederdeutschen. Es können zu dieser Bedeutung auch die oben aus den Salzwerken angeführten Arten des Gebrauches gerechnet werden. Besonders ist es im Schiffbaue die Grundlage oder das Gerüst, worauf der Kiel oder Boden eines Schiffes, so lange daran gebauet wird, ruhet. Daher die R.A. ein Schiff auf den Stapel setzen, anfangen daran zu bauen, den Grund dazu legen. Es vom Stapel lassen, es in das Wasser lassen, welches geschiehet, wenn der ganze Bau gezimmert und bis auf die dritte Planke verkleidet ist. In weiterer Bedeutung wird auch wohl der ganze Platz, wo Schiffe gebauet werden, der Stapel genannt. Im Schwedischen heißt auch ein hölzerner Glockenthurm, ein Stapel. (b) Ein Ort, wo man etwas auf eine Zeitlang in Haufen niederlegt. Daher war Holzstapel im Niederdeutschen ehedem so viel als ein Holzstall. Figürlich wurde ehedem in den nördlichen Gegenden Deutschlandes eine Messe, ein Jahrmarkt häufig ein Stapel genannt, weil die Waaren alsdann in Menge an einem solchen Orte niedergelegt werden; Schwed. Stape. Daher die Stapelstadt ehedem eine jede mit einem Jahrmarkte versehene Stadt war. In engerer noch jetzt gangbarer Bedeutung ist[296] der Stapel, ohne Plural, die gesetzliche Niederlage gewisser Waaren an einen Ort, und das Recht, welches gewisse Handelsstädte haben, nach welchem alle durchgehende Waaren daselbst auf eine gewisse Zeit zum Verkaufe niedergeleget werden müssen, das Stapelrecht; daher auch ein mit diesem Rechte versehener Ort in engerm Verstande ein Stapelplatz oder eine Stapelstadt genannt wird. Die Oberdeutschen haben das Wort in dieser Bedeutung auch, sprechen es aber alsdann Staffel aus. Engl. Staple, Ital. Stapola, Französ. Etape, im mittlern Lat. Estapula. (c) Auf der Insel Rügen führet das zu Bergen befindliche Landgericht den Nahmen des Stapels; vielleicht von Stapel, ein Jahrmarkt, weil es etwa ursprünglich nur an den feyerlichen Jahrmärkten gehalten worden.

Anm. Die Bedeutung eines Pfahles, einer Stütze und eines Haufens sind in ihrem Ursprunge nahe mit einander verwandt; S. Stab, Staffel, Stufe, Stift u.s.f. Im Lat. ist stipare, aufhäufen und Stipes, ein Pfahl, im Böhm. aber stawiti, stellen. In der Bedeutung einer gesetzlichen Niederlage der Waaren leiten es Frisch und Ihre von dem Lat. Stabulum, ein Stall, Bude, Magazin, her; allein man bleibt mit Wachtern füglicher bey der Bedeutung eines Haufens stehen. Das Nieders. Stapel, eine Heuschrecke, gehöret zu stapfen, schreiten, springen.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 296-297.
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