[625] Tönen, verb. reg. 1. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, einen Ton von sich geben, in der ersten eigentlichen Bedeutung des Hauptwortes. Ein tönend Erz, 1 Cor. 13, 1. Deine Empfindung töne deinem Geschlechte einartig, Herd. Da für die verschiedenen Arten der Töne eigene Zeitwörter üblich sind, selbige näher zu bestimmen, so wird dieses Wort in dem gemeinen Sprachgebrauche seltener gebraucht, als in der höhern Schreibart, wo man es häufig für die eigentlichern Zeitwörter findet. Unser Gesang tönet dann weit umher, Geßn. für schallet. Munterkeit und Freude tönt jetzt durchs Thal, eben ders.
Tönt in meinen Lobgesang,
Wellen, Felsen und Gestade,
Raml.
Das Tönen der Morgenglocke. Der biblische Gebrauch für jauchzen, blasen u.s.f. ist im Hochdeutschen ungewöhnlich. Das Volk tönete laut, daß man das Geschrey ferne hörete, Esra 3, 11. 13. Da riefen die Kinder Aaron laut, und bliesen mit Trommeten und töneten laut, Sir. 50, 18. Ich will sie wie eine Herde mit einander in einen festen Stall thun, daß es von Menschen tönen soll, Mich. 2, 12. 2. Als ein Activum, mit den Tönen oder vermittelst der Töne zu erkennen geben; doch nur in der höhern Schreibart. Alle Thiere bis auf den stummen Fisch tönen ihre Empfindung, Herd. Wer kann Gestalten reden? Wer kann Farben tönen? Herd.
Töne sanfte Leyer,
Töne Lust und Wein,
Less.
So auch das Tönen.
Anm. In dem alten Gedichte auf den heil. Anno diunan, bey den Schwäbischen Dichtern, welche es auch für singen, gebrauchen, dönen, im Nieders. dönen. Es ist eine unmittelbare Nachahmung des tönenden Lautes, welcher sich durch keine andere Worte beschreiben läßt. Das Lat. Tonus und Sonus, sonare, sind auf das genaueste damit verwandt. In andern Sprachen bezeichnet es auch stärkere und zum Theil widerwärtige Arten des Schalles, wie das Schwed. dona, rauschen, brausen, Griech. τονιζειν und das Lat. tonare, donnern, so wie unser donnern ein iteratives Intensivum davon ist. Auch das Lat. tinnire, bedeutet eine gewisse Art des Tönens.
Der Analogie nach sollte dieses Wort Thon und thönen geschrieben werden, zumahl da es bey den Oberdeutschen Schriftstellern des mittlern Zeitalters beständig dönen lautet. Allein, theils um es von Thon, Argilla, zu unterscheiden, theils aber auch in der irrigen Voraussetzung, daß es von dem Lat. Tonus abstamme, ist in den neuern Zeiten die Schreibart ohne h allgemein geworden.[625] Der erste Grund ist unbedeutend, wie schon bey mehrern Gelegenheiten gezeiget worden, und der zweyte unrichtig. Das Tönen ist eine so auffallende Art des Lautes, daß jede Sprache denselben nachahmen muß, und nicht erst zu einer fremden ihre Zuflucht nehmen darf, daher wird man dieses Wort in einer oder der andern Gestalt auch in allen Sprachen der Welt finden. Ehedem gebrauchte man dönen auch für donnern, tonare, wofür wir jetzt das schon gedachte abgeleitete donnern haben.