Urin, der

[962] Der Urin, des -es, plur. doch nur von mehrern Arten oder Quantitäten, die -e, diejenige unnütze wässerige Feuchtigkeit in den thierischen Körpern, welche sich in der Blase sammelt, durch die untern Theile des Leibes abgeführet wird, und in einer Art Lauge bestehet, welche nicht mit in die Mischung des thierischen Körpers kommt, daher derselbe auch Kammerlauge genannt wird, welche Benennung nicht bloß scherzhaft ist, sondern in den Manufacturen, wo man den Urin nöthig hat, z.B. bey den Tuchbereitern, als ein ernsthafter anständiger Ausdruck üblich ist. Den Urin lassen, bey einigen urinieren. Urintreibende Arzneyen.

Anm. Es ist aus dem Lat. Vrina entlehnt, und zwar als ein anständigerer Ausdruck für die im gemeinen Leben üblichen niedrigern. Indessen werden auch Wasser (in der engern Bedeutung) und Harn in der anständigen Sprechart gebraucht. obgleich das letzte mehr in Schriften, als im Sprechen, üblich ist. Die gemeinen und niedrigen Sprecharten haben eine Menge anderer Ausdrücke, den Urin und das Lassen desselben zu bezeichnen, die ich hier nicht anführen mag. Nur das Nieders. Mige und migen verdienet wegen seines Alters und wegen seiner Verwandtschaft eine Ausnahme. Es lautet im Schwed. und Ißländ. gleichfalls Miga, im Angels. Migan, und Mighta, und kommt mit dem Lat. mejere und mingere, und dem Griech. μιχειν und ομεχειν genau überein. Das Stammwort ist, dem Ihre zu Folge, das[962] Dalekarlische Megen, das männliche Glied, welches wieder von Megu, Macht, abstammen soll. Nette, Nässe, ist auch im Niedersächsischen ein anständiger, und Pinkel, pinkeln, eben daselbst ein vertraulich-anständiger Ausdruck.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 962-963.
Lizenz:
Faksimiles:
962 | 963
Kategorien: