Verheeren

[1061] Verheeren, verb. regul. act. durch Zerstören und Verwüsten zu Grunde richten, besonders von der Oberfläche der Erde und den darauf befindlichen Dingen. Das Land ist allenthalben jämmerlich verheeret, Ps. 74, 20. Verheerte Städte, Ezech. 36, 38. Der Krieg verheeret die Länder. Die Heuschrecken verheeren die Felder. Daß keine Fluth meine Fluren verheerete. Meine schönste Hoffnungen haben sie in ihrer Blüthe verheeret, von Brawe. Daher die Verheerung. Eine große Verheerung anrichten.

Anm. Bey dem Notker herron, bey andern alten Oberdeutschen Schriftstellern heren, beheren, geheren, im Angels. hergian, in einigen Schweizerischen Gegenden behergen, im Schwed. härja. Es stammet von Heer her, wie populari von populus, und ληιζεσθάι von λάος, S. Heeren, und bedeutet daher eigentlich, vermittelst eines Heeres oder in Gestalt eines Heeres, mit einer großen Menge verwüsten. Es wird daher figürlich nur von beträchtlichen Theilen der Erdfläche gebraucht, wenn die Verwüstung und Verderbung gleich nur von einem einzelnen Dinge geschiehet, z.B. von einem Sturme, einem Erdbeben, der Fluth u.s.f. Von eizelnen Gebäuden gebraucht man es nicht. Daraus erhellet zugleich, warum der figürliche Gebrauch, jemandes Herrlichkeit, Hoffnung, Freude u.s.f. verheeren, hart und ungewöhnlich ist. Da das einfache heeren schon diese Bedeutung allein hatte, so stehet ver hier bloß intensive.

Vermöge seiner Abstammung bedeuteten heeren und verheeren ehedem noch: 1. Mit Krieg überziehen, bekriegen, heran, in dem alten Gedichte auf den heil. Anno; Schwed. härja. 2. Überwältigen, überwinden, bey den Schwäbischen Dichtern beheren und verheren. 3. Rauben und Plündern, und in weiterm Verstande, berauben. Got wil an froiden mich verhern, Graf Kraft von Toggenburg. Welche aber gänzlich veraltet sind.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1061.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: