[1176] 2. Verweisen, verb. irreg. act. welches mit dem vorigen auf einerley Art abgewandelt wird. 1. Ein Vergehen mit Worten vorhalten, mit Worten bestrafen, mit der dritten Endung der Person und der vierten des Vergehens. Einem etwas verweisen. Ich verwies ihm seine Unachtsamkeit, seinen Undank. Es ward ihm ernstlich, nachdrücklich verwiesen. Daher der Verweis. 2. * Vorrücken, vorhalten; eine im Hochdeutschen veraltete Bedeutung. Wenn du deinem Freunde etwas giebest, so verweise es ihm nicht, Sir. 41, 28.
Anm. Ob sich gleich dieses zweyte Zeitwort, in seiner heutigen Bedeutung, ganz erträglich mit dem erstern verbindet, und mit demselben von weisen, zeigen, herleiten ließe, so wird es doch, wenn man auf den alten Gebrauch und auf die ehemalige Schreibart siehet, wahrscheinlicher, daß es ein eigenes ganz verschiedenes Wort ist. Beyde Zeitwörter sind in alten und neuern Mundarten, ausser der Hochdeutschen, in der Aussprache und Schreibart wesentlich verschieden. Das erste lautet bey dem Ottfried urwisen, im Nieders. verwisen, im Schwed. forvisa; dieses aber bey dem Ottfried, Notker u.s.f. firuuizun, uuizun, im Nieders. verwiten, im Schwed. forvita. Es ist ein überaus altes Wort, welches bey den ältesten Schriftstellern, obgleich nicht mit einerley Vorwörtern, vorkommt, und nicht allein mit Worten bestrafen, sondern auch tadeln, schelten, schmähen, zurechnen, vorrücken, u.s.f. bedeutet. Dahin gehöret Ulphilas idveidjan, das Angels. edvitan, das Schwed. avita, das alte Oberdeutsche itwizon, Engl. twit, daher das Gothische Idveith, Schande, im Oberd. ehedem Itweis, Ytweiß; welches alte Vorwort et, it, noch in unserm etwas angetroffen wird, und für ent zu stehen scheinet. Horneck gebraucht für verweisen nur geweißen, und ältere Oberdeutsche Schriftsteller weißen, uuizun. S. Weisen, in der Bedeutung der wörtlichen Bestrafung. Das alte Wite, Wette, Strafe, scheint gleichfalls damit verwandt zu seyn.
Adelung-1793: Verweisen (1)