Von

[1237] Von, ein Vorwort, welches in allen Fällen die dritte Endung, oder nach andern die sechste, erfordert, für deren eigenthümliches Merkmahl es in dem letztern Falle angegeben wird. Es bezeichnet allemahl den Ort oder die Sache, welchen eine Handlung oder Bewegung verlässet, eine Entfernung in Ansehung eines Ortes oder Dinges.

1. Eigentlich. (1) Einen höhern Ort zu bezeichnen, welchen eine Bewegung verlässet, die Richtung nach der Tiefe in Rücksicht auf den verlassenen höhern Ort. Von dem Dache steigen. Von dem Berge kommen. Vom Himmel kommen. Von dem Wagen fallen. Den Hut vom Kopfe oder von dem Kopfe nehmen. Von der Wand nehmen. Wo oft noch das herab und hinab hinzu gesetzet werden. Von oben herab sehen. Von der[1237] Höhe hinab rufen. Ingleichen in folgenden Fällen, wo es gleichfalls die Richtung von einem höhern Orte nach einem niedrigern bezeichnet. Von dem Pferde mit jemanden sprechen. Von dem Thurme rufen. Wo von allemahl in solchen Fällen gebraucht wird, wo die entgegen gesetzte Bewegung aus der Höhe in die Tiefe mit auf ausgedruckt wird. Auf das Dach steigen. Den Hut auf den Kopf setzen. Auf das Pferd steigen.

(2) In weiterm Verstande, einen jeden Ort oder Gegenstand zu bezeichnen, welchen eine Bewegung, oder als Bewegung gedachte Handlung, in ihrer Richtung verlässet, eine entfernende oder absondernde Richtung in Rücksicht auf den verlassenen Gegenstand, er sey nun ein Ort oder ein Ding. Gott scheidete das Licht von der Finsterniß, 1 Mos. 1, 4, 13. Von einem gehen, sich von ihm entfernen, trennen. Gehe weg von mir. Die Augen von einer Sache wegwenden. Die Hand davon abziehen. Von Berlin, von Leipzig, von Hamburg kommen. Dagegen die Länder und Inseln aus bekommen. Der Brief war von (aus) Rom geschrieben, datiert. Dampf ging aus von seiner Nasen, Ps. 18, 9. Etwas von sich legen. Von seinem Amte gesetzt werden. Soll ich von dir entfernt leben? Gehe nicht von dannen. Ich komme von Hause, von dem Rathhause, vom Felde, vom Hofe, von Tische. Wir kamen eben vom Tanze, vom Spielen. Ich gehe nicht von der Stelle. Ein Stück vom dem Tuche reißen. Einen Knopf von dem Rocke schneiden. Das Getreide von dem Felde thun. Etwas von einem annehmen, empfangen. Von einander brechen, schneiden, trennen, fliehen u.s.f.

Wohin auch sehr viele adverbische und sprichwörtliche R.A. gehören, wo diese eigentliche Bedeutung des Vorwortes zum Grunde liegt. Gut von Statten gehen, S. Statt. Es gehet ihm gut von der Hand, von der Faust, d.i. er arbeitet schnell und gut. Etwas von sich geben, sowohl eigentlich, als auch figürlich. Keinen Laut von sich geben. Von Leder ziehen. Sich etwas vom Halse schaffen. Es ist mir ein Stein vom Herzen. Von Grunde aus. Und hundert andere mehr.

2. In noch weiterm und theils figürlichem Verstande bezeichnet es,

(1) das Ziel, bey welchem sich eine Veränderung oder auch ein Ausspruch anfängt; den terminum a quo, sowohl von dem Orte, als der Zeit. Er wohnt weit von hier. Der Ort liegt zehn Meilen von Berlin. Drey Ellen von da an. Der vierte Mann von mir, der Ordnung nach. Wo es auch mit allerley Partikeln verbunden wird. Von Alters her, eine adverbische Redensart, und zwar die einzige, wo von mit der zweyten Endung verbunden wird, und welche doch gewöhnlicher ist, als Luthers von altem her; Es. 25, 1. Von Stunde an, d.i. von dieser Stunde an. Von Kindheit, von Mutterleibe an. Von Jugend auf. Von diesem Augenblicke an. Von der Zeit an.

Wo es Statt des Nennwortes auch ein Nebenwort nach sich leidet. Von da an. Von hier an. Von nun an. Von jetzt an. Von gestern an. Von heute an. Von gestern her. Ich, ein Geschöpf von gestern her, der ich vor kurzem nicht war, Gell. Der Weg von hier nach Dresden. Jemanden von hinten, von vornen angreifen. Aber Luthers von jenseit dem Wasser, Zeph. 3, 10; und von jenseit des Jordans, Marc. 3, 8. ist im Hochdeutschen fremd.

Wenn der terminus ad quem ausgedruckt wird, so bekommt derselbe zu, und noch häufiger bis. Und von Worten kams zu Schlägen, Gell. Von einem zum andern gehen. Er ist von uns zum Feinde übergegangen. Vom Leben zum Tode bringen. Von Morgen bis an den Abend. Von dem Kopfe bis[1238] auf die Füße. Von hier bis dahin. Von der belebenden Sonne bis zur kleinsten Pflanze sind alles Wunder, Geßn.

Wenn beyde Termini einerley Nahmen haben, so wird das Hauptwort sehr häufig wiederhohlt, und bekommt das letzte Mahl allein zu. Von Haus zu Haus gehen, d.i. von einem Hause zu dem andern. So auch: von Zeit zu Zeit, von Tag zu Tage, von Stunde zu Stunde, von Woche zu Woche, von Monath zu Monath, von Jahr zu Jahr, von Stück zu Stück, von Wort zu Wort, von Zeile zu Zeile, von Mann zu Mann, von Thür zu Thür. Eben so glücklich, wie ich, schleicht sie von Laube zu Laube. Ich will von Insel zu Insel schweifen, meine Ruhe wieder zu suchen. Die Botschaft, die von Mund zu Munde fliegt, Schleg.

(2) Den Gegenstand einer moralischen Absonderung, Trennung, Entfernung, mit allerley Zeitwörtern. Jemanden von der Furcht, von der Sorge, von einer Last befreyen. Frey von Sünden, von Schulden, von dem Verdachte. Erlöse uns von dem Übel. Errette mich von meinen Feinden. Von allem Vermögen entblößt. Allein, berauben und beraubt leidet dieses von nicht, sondern erfordert die zweyte Endung: seines Vermögens beraubt seyn, nicht von seinem Vermögen. Sich vom Erstickten enthalten; Apost. 15, 20; oder des Erstickten. Von Sinnen kommen, den Gebrauch seiner Sinne, d.i. Empfindung und Vernunft verlieren. Von jemanden lassen, ihn verlassen. Art läßt von Art nicht. Von jemanden abtrünnig werden. Besonders mit solchen Wörtern, welche mit ab zusammen gesetzt sind. Von jemanden abfallen. Jemanden von einem andern abwendig machen. Von seinem Vorhaben abstehen. Das weicht davon ab. Von etwas abschrecken. Ich sehe davon ab.

(3) Einen Ursprung, ein Herkommen, und zwar wiederum auf verschiedene Art.

a. Ein örtliches Herkommen, bloß den Ort zu bezeichnen, von welchem ein Ding her ist. Der Regen vom Himmel. Thau von oben. Der Wind von Morgen. Vom Lande seyn. Ich habe es von ihm. Das Licht fällt von der linken Seite herein. Es ist von guter Hand. Er hat sie ja von mir, wie kann er sie verschenken? Gell. Die von Juda, von Babel. Ein Kaufmann von Amsterdam. Der König von Sodom, von Juda, in der deutschen Bibel.

Hierauf gründet sich auch das von, wenn es im Deutschen ein Unterscheidungsmerkmahl adeliger Nahmen ist. Herr von Falkenberg, von Scharfenstein. Die von Adlerfeld. Wo es ursprünglich doch nur zunächst den Ort der Herkunft bezeichnete, ob es gleich auch gar bald den Begriff des Besitzes mit in sich schloß, weil die Adeligen die Schlösser und Güter, von welchen sie sich schrieben, gemeiniglich auch besaßen. Bey den neuern Adeligen fällt dieser Begriff des Besitzes ganz weg, und da ist das von, wenn es vor einem Geschlechtsnahmen stehet, bloß ein Merkmahl der adeligen Würde, und solche Adelige gleichen denn den Bischöfen in partibus infidelium der Römischen Kirche, welche den Nahmen von Bißthümern führen, welche sie nie besessen haben, noch besitzen können. In den Niederlanden hingegen und einigen Niederdeutschen Gegenden, wo das van auch an bürgerlichen Geschlechtsnahmen sehr gewöhnlich ist, zeigt es bloß den Ort der Geburt oder des Herkommens desjenigen an, der diesen Nahmen zuerst angenommen.

Auf ähnliche Art pflegen gekrönte Häupter, Fürsten, Grafen, Bischöfe u.s.f. den Nahmen derjenigen Reiche, Länder u.s.f. welche sie besitzen, den Nahmen von vorzusetzen. Kaiser von Rußland, König von Frankreich, von Großbritannien, von Preußen, Churfürst von Sachsen, von Braunschweig, Herzog[1239] von Würtemberg, Graf von der Mark, Erzbischof von Mainz, Bischof von Fulda u.s.f. Weil das von in solchen Fällen gemeiniglich den Begriff des Besitzes mit bey sich führet, so hat es in dem Staatsrechte oft zu Streitigkeiten Anlaß gegeben. Pohlen machte ehedem den Churfürsten von Brandenburg den Titel König von Preußen streitig, und wollte sie nur Könige in Preußen nennen, weil sie nicht ganz Preußen besäßen. Noch jetzt weigert sich die Republik Lucca, die Großherzoge von Toscana von Toscana zu nennen, und nennt sie nur in Toscana, damit es nicht scheine, daß sie durch jene Partikel ein Recht der Großherzoge auf ihre Republik einräume. Daß man aber nicht zu allen Zeiten oder an allen Orten so gedacht habe, erhellet aus dem Streite, welchen der Bischof von Speyer 1585 mit der Reichsstadt Speyer über diese Partikel hatte. Der Bischof schrieb sich Bischof zu Speyer; dagegen die Stadt ihn nur von Speyer nennen wollte, die sich aber in dem Vergleiche von 1589 zu der ersten Partikel verstehen mußte.

b. Das Ganze zu bezeichnen, dessen Theil das andere Ding gewesen. Die Brust von einem Widder, das Fett von Ochsen, ein Viertel von einem Lamme. Ein Finger von dem heil. Burkhard. Das ist doch Bein von meinen Beinen, 1 Mos. 2, 23. Gib mir ein Stück davon. Ein Zipfel von einem Rocke. Wolle von einem Schafe. Ein Zweig von einem Baume. Er aß von seinem Bissen, und trank von seinem Becher, (aus seinem Becher,) 2 Sam. 12, 2. Ich habe nichts davon genommen. Die Feder ist von einem Huhne, die Leber von einem Hechte. Er wirds von dem meinigen nehmen, Joh. 16, 14. Viel von seinen Sachen mitnehmen. Die Steine von dem Brunnen. Er ist einer von den besten im Dorfe. Einer von dem Pöbel, besser aus. Einer von uns, oder unter uns. Der gelehrteste von allen, besser unter. Keiner von uns, viele von uns, wo auch unter stehen kann. Er ist auch einer von denen u.s.f. Von stehet in diesem Falle am sichersten alsdann, wenn der Theil nicht mehr mit dem Ganzen vereiniget ist; ist er aber noch als ein Theil des Ganzen anzusehen, so stehet, wenn von Personen die Rede ist, unter. Die Ursache liegt in dem Begriffe der Entfernung, welcher mit von verbunden ist. Von (unter) allen ist keiner zärtlicher als er. Gefällt ihnen nicht die Göttinn der Schönheit und Liebe, wenn sie von (unter) allen Bäumen die kleine Myrthe sich zueignet? Jacobi.

In manchen Fällen läßt sich dafür der Genitiv gebrauchen, welches doch nur selten geschiehet, auch Mißdeutung veranlassen kann, indem der Genitiv eigentlich andeutet, daß der Theil noch mit dem Ganzen vereinigt ist. Der Finger des heil. Burkhard hat Wunder gethan, kann den Finger des noch lebenden Burkhard bezeichnen; allein, der Finger von dem heil. Burkhard deutet die Reliquie des verstorbenen Heiligen an.

Dagegen ist es, im Ganzen genommen, als ein Fehler zu betrachten, wenn man von in solchen Fällen gebraucht, wo der Theil noch mit dem Ganzen vereinigt ist; in welchem Falle der Genitiv stehen muß. Die Wand von dem Hause, die Provinzen von Deutschland u.s.f. für die Wand des Hauses, die Provinzen Deutschlandes. Nur alsdann wird von erfordert, wenn der Genitiv eines Wortes unkenntlich ist, oder eine Härte verursachen würde. Die Provinzen von Afrika, die Theile von Amerika, weil Afrikas, Amerikas hart und ungewöhnlich klingt, dagegen man richtig sagt, die Theile Asiens, weil dieser Genitiv gewöhnlich ist. Doch davon hernach.

c. Die Materie, woraus etwas bestehet. Gott machte Adam Röcke von Fellen, 1 Mos. 2, 21. Eine Krone von Dornen. Eine Säule von Marmor. Ein Ring von Gold. Ein Haus von Stein, von Holz. Von gutem Schrot und Korn. Das Bier ist von Gersten gebrauet. Ein Sack von Leder.[1240] Ein Trank von Kräutern. Kaffeh von Eicheln. Der Tisch ist von Holz, der Spiegel von Glas, der Beutel von Leder, die Schnur von Seide. Sehr oft bedienet man sich Statt dieser Art zu reden des Adjectivs. Ein lederner Beutel, ein goldener Ring, ein steinernes, hölzernes Haus u.s.f. Nur in der Adverbial-Form bedienet man sich lieber des von. Der Beutel ist ledern, besser von Leder.

d. Eine wirkende, hervor bringende Ursache. Willst du nicht von unsern Händen sterben? Jer. 11, 21. Von der Hitze, von vielem Studieren, von vielem Arbeiten krank werden. Vom Glanz vor ihm trennten sich die Wolken, Ps. 18, 13. Ich bin müde von Seufzen, Ps. 6, 7. Von Gottes Gnaden, die alte Formel regierender Herren. Der Teig quillt von den Hefen.

Besonders, wenn neben diesem Begriff der wirkenden Ursache auch der Begriff der Herkunft, der Herstammung vorsticht. Vom Herrn kommt, was die Zunge reden soll, Spirchw. 16, 1. Ich habe es von ihm gelernet. Von wem weißt du das? Etwas von freyen Stücken thun, aus eigenem Antriebe. Er ist von Natur so. Der Fehler verbessert sich von sich selbst. Das verstehet sich von selbst. Was willst du von mir?

In den meisten Fällen wird die wirkende Ursache durch andere Vorwörter ausgedrückt, daher von in dieser Bedeutung, wenn die ganze Redensart thätig ist, nur selten gebraucht wird. Desto häufiger ist es in dieser Bedeutung in passiven Ausdrücken, wenn das Nennwort in der thätigen Form in der ersten Endung stehet. Von jemanden gesehen, geliebt, gestraft werden. Von dem Allmächtigen bist du gesegnet, 1 Mos. 49, 25. Von den Würmern gefressen, von den Mäusen zernaget werden. Der Baum ist von dem Winde umgerissen worden. Von dem Feuer verzehret werden. Wohin auch die R.A. mit lassen gehören, wo die Bedeutung gleichfalls passiv ist. Sich von jemanden heilen, mahlen lassen. Ich lasse mir von ihm nichts befehlen. Sollte ich mich von ihm verunglimpfen lassen? Wo von auch ausgelassen und alsdann das Nennwort statt der dritten in die vierte Endung gesetzt wird. Sollte ich mich ihn befehlen lassen?


Und warum ließest du dich ihn zum Altar führen?

Weiße.


Die wirkende oder hervor bringende Person stehet, statt des von oft in der zweyten Endung. Ein Gemählde von Titian, und ein Gemählde Titians. Ein Gedicht von Gellert, und ein Gedicht Gellerts. Eine Uhr von einem großen Meister, ist üblicher, als eine Uhr eines großen Meisters. Der Befehl vom Könige, besser der Befehl des Königes. Söhne von Einem Vater, und Söhne eines Vaters. Überhaupt scheinet es, daß von in diesem Falle richtiger steht, als der Genitiv, wenn dieser eine Zweydeutigkeit verursachen und den bloßen Besitz andeuten könnte. Eine Uhr Müllers, kann eine Uhr bedeuten, welche Müllern gehöret; aber eine Uhr von Müller bezeichnet Müllern, als den Urheber, den Meister.

Wenn das zu von gehörige Wort ein Fürwort ist, so findet der Genitiv ohnehin nicht Statt. Ein Gedicht von mir


Ein Blick von euch lehrt sie die schwersten Pflichten,

Gell.


Zu dieser Bedeutung der hervor bringenden Ursache gehören auch folgende eigentlich elliptische Arten des Gebrauchs. Das war ein großer Fehler von meinem Bruder. Das war ein Versehen von mir. Von ihm ist das doch auch nicht recht. Die Offenherzigkeit ist noch eine Tugend von mir, Rab. Es würde sehr billig von dir gewesen seyn.


Mich wunderts nur vom Hunde,

Daß er nicht um sich beißt,

Rost.


[1241] Diese und andere ähnliche in der vertraulichen Sprechart übliche Ausdrücke scheinen elliptisch zu seyn, so daß ein passives Zeitwort ausgelassen worden. Ein Fehler von mir, d.i. ein von mir begangener Fehler.

(4) Sehr häufig bedient man sich auch dieses Vorwortes, wenn die Theile angegeben werden, woraus ein Ganzes bestehet; wenn gleich das Ganze nur ein Abstractum ist, eine Fortsetzung der vorigen Bedeutung der Materie. Eine Allee von Kirschbäumen. Eine Halle von Säulen, 1 Kön. 7, 5. Die Wohnung sollst du machen von zehn Teppichen. Eine Schnur von zwölf Ellen, welche zwölf Ellen lang ist. Ein Faß von sechs Eimern. Ein Maß von dreyßig Kannen. Früchte von drey Monden, 4 Esr. 6, 21. Ein Pack von hundert Pfund. Eine Summe von hundert Thalern. Ein alter Mann von achtzig Jahren. Sie ziert sich ja, wie ein Kind von acht Jahren, Gell. Ein Kind von drey Monathen. Eine Bibliothek von tausend Büchern. Wo das Alter, die Zahl, die Schwere u.s.f. als das Ganze angesehen werden müssen.

(5) Vermuthlich geschiehet es zur Nachahmung dieses Gebrauches, wenn man sich dieses Vorwortes bedienet, die Beschaffenheit eines Dinges auszudrücken, so ferne selbige vermittelst eines Hauptwortes ausgedruckt wird. In den R.A. ein Prinz von Geblüte, einer von Adel, ein Junger von Adel, ein Mann von Stande, von hoher Geburt, sticht zwar der Bergriff der Herkunft deutlich vor. Allein es giebt doch noch eine Menge ähnlicher R.A. die sich daraus nicht erklären lassen. Herr, Herr, Gott, von großer Gnade und Treue, 2 Mos. 34, 6. Von schwächlicher Gesundheit seyn. Asahel war von leichten Füßen, 2 Sam. 2, 18; welche R.A. doch nicht mehr gangbar ist. Ein Volk von tiefer Sprache und von undeutlicher Zunge, Es. 33, 19. Ein Mann von dem besten Gemüthe. Eine Person von gutem Wuchse. Ein Kleid von dunkler Farbe. Sie sind alle von einer Größe, Schwere. Ein Demant von großem Werthe, von vielem Glanze. Eine Speise von gutem Geschmacke. Ein Sachse von Geburt. Eine Sache von Wichtigkeit. Er ist nicht von vielen Reden, er spricht nicht gerne viel. Er ist schon ein Mann von Jahren, besser bey. Wehe des Volks von großer Missethat! Es. 7, 5. Ein Werkzeug von besonderer Güte. Ein Mann von deinem Verstande, Vermögen, von deiner Geburt, Gelehrsamkeit u.s.f. Die Sache ist von keiner Dauer.

In vielen Fällen wird das zu dem letzten Hauptworte gehörige Beywort weggelassen, da alsdann gut, viel, groß u.s.f. darunter verstanden werden müssen. Ein Mann von Stande. So wird der Mann von Geschmack in den Künsten ein Mann von Lebensart mit einer gehörigen Anwendung desselben auf die Gesellschaft, Gell. Ein Mann von Verdiensten, von Ehre. Die Sache ist für euch von Folgen. Ein Mann von Vermögen u.s.f. Welche Ellipsen, ob sie gleich Nachahmungen des Französischen seyn mögen, nunmehr bereits allgemein sind, und von jedermann verstanden werden, daher es unnöthig und unnütz seyn würde, sie mit Gottscheden zu tadeln.

(6) Eine besondere Art, die Beschaffenheit eines Dinges vermittelst dieses Vorwortes auszudrücken, ist folgende. Sie ist ein rechter Teufel von einer Frau. Es ist ein Abscheu von einem Menschen, Gell. Sie ist eine gute Art von Frau für, eine Frau von guter Art. Das ist nur ein Traum vom Glück. Ein Ungeheuer von einem Thiere, ein ungeheures Thier. Ein Ausbund von einem ehrlichen Manne. Ein Wunder von einem Menschen. Ein Schurke von einem Bedienten. Welche Art des Ausdrucks sich doch nicht in allen Fällen anbringen lässet.[1242]

(7) Noch üblicher ist diese Partikel, wenn die Beschaffenheit vermittelst eines Beywortes ausgedruckt wird, und der Theil angedeutet werden soll, welchem dasselbe eigentlich zukommt, welcher alsdann das von bekommt. Er ist klein von Person, d.i. der Person nach, was seine Person betrifft. Ein Vogel schön von Federn, schön von Gestalt.


Der heiß von Worten ist, und frostig von Geblüte,

Opitz.


Von Schenkeln leicht, schön von Gestalt,

Gell.


Schlank von Gliedern, braun von Haaren,

Blau von Augen, schlau von Blicken,

Cron.


Weiß von Stirne, Hals und Brust,

Schwarz von Aug und Haaren,

Haged.


Welche Arten des Ausdruckes sich oft umkehren und in die vorige fünfte Bedeutung versetzen lassen. Er ist von kleiner Person. Ein Vogel von schönen Federn. In manchen Fällen lassen sie sich bloß durch den Genitiv ausdrucken. Er ist kleiner Person, schöner Gestalt.

(8) In manchen Fällen dienet dieses Vorwort auch, die Art und Weise zu bezeichnen. Ich habe Gott von Angesicht gesehen, 1 Mos. 32, 30; dem Angesichte nach, leiblich. Ich kenne ihn von Person, von Ansehen. Von Person hat sie mir gefallen, Gell. ihrer Person, äußern Gestalt nach. Du sollst Gott lieb haben von ganzem Herzen, Luc. 10, 27. Von Herzen gern. Ich liebe ihn von ganzem Herzen, hasse ihn von ganzer Seele, in welchen letztern R.A. doch der Begriff sowohl der Herkunft, als auch der wirkenden Ursache, hervor sticht.

Wohin auch einige adverbische R.A. gehören. Von neuen, nicht von neuem, oder vom neuen, (S. in der Anmerk.) d.i. wiederum, abermahls. Etwas von neuen thun, anfangen. So auch von frischen, in eben derselben Bedeutung. Von ungefähr, auf ungefähre Art. Er kam von ungefähr dazu.


Sie that, als käme sie nur so von ungefähr,

Gell.


Von nöthen haben, S. Vonnöthen.

(9) Sehr häufig bezeichnet es die Materie, den Inhalt eines Gespräches, oder einer sowohl schriftlichen, als mündlichen Rede. Von etwas sprechen. Jemanden von etwas Bericht erstatten. Von einer Sache handeln. Eine lange Erzählung von etwas machen. Das Mährchen von der Tonne, von dem gehörnten Siegfriede. Die Fabel von dem Fuchse. Das Buch von den Streiten des Herrn, 4 Mos. 21, 14. Ein Gedicht vom Tode. Die Lehre von der Buße. Das Gesetz von den Thieren. Das Evangelium von Christo. Der erste Theil des Buches handelt von den bürgerlichen Pflichten. Man redet, spricht von dir. Die Rede ist davon u.s.f. Davon ist die Rede, die Frage nicht. Von bezeichnet allemahl den Inhalt der Rede, über aber den Gegenstand, der dabey zum Grunde liegt, und durch den Inhalt entwickelt wird. Eine Predigt vom Tode über das ordentliche Evangelium. Über die Epistel von der fleischlichen Sicherheit predigen. Auf und bey zeigen bloß die Gelegenheit, die Veranlassung an.

(10) In einigen Fällen bezeichnet das von den Gegenstand noch auf eine andere Art, besonders, wenn derselbe noch näher, als ein Theil eines Ganzen betrachtet worden, als in der vorigen Bedeutung. Von etwas Erwähnung thun, besser, einer Sache Erwähnung thun. Ich habe nichts davon gehöret, gesehen, gespüret, gesagt. Was hältst, was urtheilest du davon? Ich weiß nichts davon, von der Sache.


Sollt er auch von meiner List schon wissen,

Gottsch.


Wo etwas darunter verstanden werden muß. Viel Rühmens von etwas machen. Ich bin davon versichert, wo auch der[1243] Genitiv Statt findet, ich bin dessen versichert. Nicht die mindeste Einsicht von etwas haben. Von etwas überführt, überzeugt seyn. Sagen sie der Gesellschaft nichts von der Sache. Der Begriff von der Billigkeit, oder der Begriff der Billigkeit. Ein Beweis von etwas. Meine Hochachtung muß ihnen der sicherste Beweis von meiner aufrichtigen Liebe seyn, Gell; wo auch der bloße Genitiv stehen kann. Profession von etwas machen.

(11) Auch gibt es Fälle, wo von den Gegenstand bezeichnet, wenn er ein ganzes Geschlecht, eine ganze Art ist, wo die Bedeutung eine Fortsetzung von (3) b. zu seyn scheinet. Was sonst von Wagen in Egypten war, 2 Mos. 14, 17; wo auch an stehen kann, an Wagen. Vorrath von Speise, Öhl und Wein, 2 Chron. 11, 11.

(13) Ingleichen, wo von einen Ort bezeichnet, doch nur so fern der Begriff entweder der Entfernung oder des Ursprunges dabey Statt findet. Von der Seite stehen bleiben.


Sie trifft ihn schlafend an, bleibt von der Seite stehn,

Gellert.


Von ferne stehen, in der Ferne. Etwas von ferne sehen, hören, spüren, aus der Ferne. Ich höre es von weiten. Wir sind von allen Seiten umringt, auf allen Seiten. Sich von beyden Theilen Mühe geben.

(14) Oft schleicht sich bey diesem Vorworte auch der Begriff des Aufhörens mit ein, der gleichfalls eine Figur der Entfernung ist. Von der Arbeit ruhen.


Denn will ich ohne Reu von meiner Arbeit ruhn,

Cron.


Vom Schlafe erwachen. Noah erwachte von seinem Weine, 1 Mos. 9, 24. Von dem Fieber, von einer Krankheit genesen. Von seinem Schrecken, von seinem Erstaunen, von einer Ohnmacht wieder zu sich selbst kommen.

(15) Unter den bisherigen Bedeutungen kommen mehrere vor, wo Statt des von auch der Genitiv gebraucht werden kann, zumahl, wenn derselbe keine Mißdeutung oder Zweydeutigkeit verursacht. Der Befehl des Königes, ein Befehl von dem Könige, ein Gemählde Raphaels, und ein Gemählde von Raphael, Söhne eines Vaters, und Söhne von einem Vater; wo die letzte Art des Ausdruckes den Ursprung näher bestimmt.

Im Niederdeutschen ist es indessen auch sehr gewöhnlich, den Genitiv des Besitzes oder einer Eigenschaft, Anwesenheit an einem Dinge, vermittelst des von auszudrucken, welcher Gebrauch sich denn der Französischen Gewohnheit nähert, wo der Genitiv überhaupt mit de ausgedruckt wird. Das Haus von meinem Nachbar, meines Nachbars Haus. Welcher Gebrauch sich auch in vielen Fällen im Hochdeutschen eingeschlichen hat, und von Gottscheden und andern irrig für einen Gallicismus ausgegeben wird, da er in der Niederdeutschen Mundart völlig gänge und gebe ist. Den Schein von der Tugend haben, für den Schein der Tugend; wo aber von richtig stehet, wenn die Entlehnung, die Herkunft näher bezeichnet werden soll. Die Farbe von diesem Tuch ist sehr verschossen. Das Ende vom Liede, das Ende des Liedes. Die Schwärze von der Dinte. Die Frau vom Hause. Der Sohn vom Hause. Der Vater von der Tochter wird sie nicht mehr ins Haus gelassen haben, Gell.

Einige dieser Redensarten sind bereits so allgemein, daß man sie nicht tadeln darf, zumahl, da die Gränzen des Genitivs der bloßen Anwesenheit mit den Fällen, wo von gebraucht wird, unmerklich zusammen schmelzen, daher sie schwer zu bestimmen sind. Indessen gebraucht man das von am sichersten, wenn eine Mißdeutung[1244] zu besorgen ist, und der Genitiv sich entweder nicht schicklich oder nicht ohne Mißklang ausdrücken lässet. Eine Sammlung Dünste, eine Menge Liebesbriefe. Da hier der Genitiv nicht deutlich bestimmt ist, so sagt man lieber, eine Sammlung von Dünsten, eine Menge von Liebesbriefen. Eine Menge verliebter Briefe hingegen, hat das Merkmahl des Genitivs sehr bestimmt, daher das von hier ungewöhnlich ist. Noch mehr findet dieses bey solchen eigenthümlichen Nahmen Statt, welche keinen gangbaren Genitiv haben, oder deren Genitiv einen übelklang machen würde. Die Söhne von Jaques Vincent, anstatt, die Söhne Jaques Vincents; wofür man doch mit dem bestimmten Artikel sagen könnte, des Jaques Vincent. Die Theile von Afrika, die Einwohner von Amerika. Die Abtretung von Land und Leuten, wofür doch eine Umschreibung schicklicher seyn würde. Die sandigen Gegenden von Afrika und Amerika. Die Größe von Paris; aber, die Größe Berlins, Wiens. Die Lage von Calais; aber, die Lage Londons.

Eben so gewöhnlich ist, den Genitiv mit von auszudrucken, wenn ein Pronomen possessivum dabey ist. Ein Vertrauter, ein Freund von mir, für mein Vertrauter, mein Freund. Ein guter Freund von meinem Manne, Gell. ein guter Freund meines Mannes. Er ist ein Freund von unserm Hause. Diese und einige ähnliche Ausdrücke sind wegen ihrer Allgemeinheit gleichfalls vor allem Tadel gesichert; nur müssen sie nicht ohne Beurtheilungskraft nachgeahmet werden. Das ganz gehorsamer Diener von ihnen, für ihr ganz gehorsamer Diener, ist eine dieser unschicklichen Nachahmungen.

Anm. Dieses von ist eine der vieldeutigsten Partikeln der Deutschen Sprache, und die hier angeführten Bedeutungen sind nur die am meisten hervor stechenden Fälle. Sie fließen indessen alle aus dem eigentlichen Begriffe der Entfernung, und der darin gegründeten Figur der Herkunft her. Wenn sich noch ein Nebenwort bey dem Nennworte befindet, so scheint es gleichgültig zu seyn, ob man das von unmittelbar vor dem Nennworte setzet oder nicht. Das Urtheil von fast allen Einwohnern, oder fast von allen. Ein Verlust von ungefähr tausend Mann, oder ungefähr von.

Von wegen ist ein im Hochdeutschen veralteter Peleonasmus. Von wegen meines Volks, Joel 3, 7; wegen meines Volks. So auch von wegen der Herodias, Matth. 14, 3; von seiner wegen, Kap. 27, 19. Von ihrer Väter wegen, Opitz.


Die Bilder, die hier stehen,

Von welcher wegen du pflegst oben an zu gehen,

Opitz.


Von des Kaisers und Reiches wegen, im Nahmen des Kaisers und des Reiches. Aber von Rechts wegen ist auch im Hochdeutschen allgemein. Noch mehr veraltet ist von willen: von mehrerer Sicherheit willen, für, um mehrerer u.s.f.

Es ist die Frage: ob man von neuem, von frischem, von weitem, oder, vom neuen, vom frischen, vom weiten, oder auch von neuen, von frischen, von weiten sprechen und schreiben müsse. Die mittelste Form ist zuverlässig irrig, weil hier kein bestimmter Artikel Statt findet, dessen Verkürzung vom ist; die letzte ist im gemeinen Leben am gewöhnlichsten; die erste aber würde die richtigste seyn, wenn erweislich wäre, daß neu, frisch und weit hier entweder als Substantiva oder auch im Singular ständen. Allein, es ist wahrscheinlicher, daß bey den beyden ersten Ding ausgelassen ist, welches ehedem sehr häufig in solchen adverbischen R.A. gebraucht wurde, (S. Ding,) von neuen Dingen, von frischen Dingen; da denn neuen als der Plural am richtigsten seyn würde. Im Oberdeutschen sagt man noch jetzt neuer Dingen, für von neuen. Das ähnliche aufs neue, und mit ehestem für[1245] mit dem ehesten, streiten indessen für den Singular. In der R.A. von weiten könnte Orten verschwiegen seyn. Siehe auch Vonnöthen.

Alle andere Vorwörter werden mit Zeitwörtern zusammen gesetzt; nur dieses von nicht, weil das außer der Zusammensetzung veraltete ab dafür eingeführt ist.

Dieses alte Vorwort lautet schon im Isidor und Kero fona, bey dem Willeram u.s.f. vone, im Nieders. van, im Dän. fra, und im Schwed. fram und frä, welche letztern zunächst zu unserm fern gehören. Von ist eine der Deutschen Sprache vorzüglich eigene Partikel, dagegen das gleich bedeutende ab in allen verwandten und vielen ganz fremd scheinenden Sprachen angetroffen wird.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1237-1246.
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