[1292] Vorschlagen, verb. irregul. S. Schlagen, welches nach Maßgebung der Partikel und des Zeitwortes schlagen in verschiedenen Bedeutungen üblich ist. Es ist überhaupt,
I. Ein Neutrum, welches das Hülfswort haben erfordert. 1. Vorwärts schlagen, in verschiedenen Bedeutungen des Zeitwortes schlagen. Die Wage schlägt ein wenig vor, wenn sich die Zunge ein wenig vorwärts neiget. 2. Vor der gehörigen Zeit schlagen. In diesem Verstande gebrauchen das Wort die Jäger von allzu hitzigen Jagdhunden, wenn sie vor der Zeit anschlagen, ehe sie das Wild sehen. Der Hund schlägt vor, welches auch vorlaut, freylaut, fährtenlaut werden heißt. 3. In einiger Entfernung vor einem andern Dinge schlagen oder einschlagen. In diesem Verstande schlagen die Jäger vor, wenn sie bey dem Dachsgraben hinter dem Schalle des Hundes einschlagen oder eingraben, um auf die Röhren des Fuchses oder Dachses zu kommen. Eben daselbst wird es auch von den Hunden gebraucht, wenn sie einen Bogen machen, um die verlohrne Fährte wieder zu finden. Nach einer noch andern Schattierung der Bedeutung wird es in der Jägerey auch für vorgreifen gebraucht. In beyden Fällen leidet das vor auch noch eine andere Erklärung. 4. Schlagen, daß ein anderer es höre. Im Bergbaue schlägt man vor, wenn man den Arbeitern in der Grube durch Schlagen ein Zeichen der Schicht gibt.
II. Ein Activum. I. In Gegenwart eines andern schlagen, so daß er es höre. Die Nachtigall schlägt mir ihre sanften Lieder vor. Ingleichen zum Muster der Nachahmung. Den Sängern den Tact vorschlagen. 2. Vorwärts schlagen. Der Löwe schlägt die Zunge vor, wenn er sie aus dem Rachen strecket; ein besonders in der Wapenkunst üblicher Ausdruck, wo Löwen mit vorgeschlagener Zunge vorkommen. 3. An dem vordern Theile schlagen. In der Landwirthschaft werden die Garben, oder wird das Getreide vorgeschlagen, wenn man es nur leicht an den Ähren drischet, um reines Getreide zu bekommen, wo das Wort in Obersachsen in forscheln verderbt wird. S. auch Klopfe. 4. Vorläufig schlagen. In dieser Absicht haben die Lederarbeiter eine Art Ahlen, welche sie Spehre nennen, sich die Löcher vorzuschlagen, wodurch der Riemen, Pechdraht, Faden u.s.f. gezogen wird. Geschiehet es ohne Schlagen, so heißt es vorstechen. 5. Ein Ding vor ein anderes schlagen, mit Verschweigung dieses andern Dinges. (1) Eigentlich, und am häufigsten im gemeinen Leben. Ein Bret vorschlagen, vor eine Öffnung nageln. Einen Nagel, einen Pfahl, einen Pflock vorschlagen. In weiterm Verstande schlägt man in der Artillerie Heu, Rasen vor, wenn man es in dem groben Geschütze fest auf das Pulver stampfet, ehe man die Kugel darauf setzt. In dem Hüttenbaue schlägt man strengflüssigen Erzen Glätte, Kalksteine, Schlacken und andere Beförderungsmittel des Flusses vor. (2) Besonders in zwey figürlichen Bedeutungen. a. Im Handel und Wandel schlägt der Verkäufer vor, wenn er den wahren Preis der Waare, für welche er selbige zu lassen gedenkt, im Fordern willkührlich erhöhet. Ein Kaufmann schlägt nichts vor, wenn er den äußersten Preis, für welchen er eine Waare lassen kann und will, fordert. Manche Arten von Kaufleuten schlagen ein Drittel, oder wohl gar die Hälfte, vor. b. Einem etwas vorschlagen, es ihm als ein mögliches Mittel zur Erreichung einer Absicht vorstellig machen, übrigens aber dessen Gebrauch seinem Willkühre überlassen. Einem kranken ein Arzneymittel vorschlagen. Einer Person eine Heirath vorschlagen. Friedensbedingungen, Bedingungen[1292] zu einem Vergleiche vorschlagen. Jemanden zu einer Bedienung vorschlagen, in Vorschlag bringen.
Daher das Vorschlagen, in einigen Fällen die Vorschlagung und in andern der Vorschlag.
Anm. In der letzten Bedeutung bedeutet vorschlagen eigentlich so viel, wie vorlegen, proponere, so daß schlagen hier das Intensivum von legen ist. In der vorletzten im Handel und Wandel üblichen Bedeutung scheinet vor so viel, als vor dem wahren Preise voraus, über denselben, zu bedeuten; schlagen aber scheint hier in der Bedeutung zu stehen, in welcher es noch zuweilen in kaufschlagen für handeln, in aufschlagen und abschlagen, active, den Preis steigern und vermindern, gebraucht wird. Im Schwedischen bedeutet Förslag auch einen Überschlag, und förslå, einen Überschlag machen.