Westerhemd, das

[1510] Das Wêsterhêmd, des -es, plur. die -en, ein noch in manchen Gegenden übliches Wort, ein weißes zierliches, besonders mit Kreuzchen durchnähetes Hemd oder Kleid zu bezeichnen, worin die Kinder zur Taufe getragen, und darin getaufet werden; in einigen Gegenden auch das Westerkleid. Das Wort ist in dieser Bedeutung schon alt, und zwar so alt, als der Gebrauch selbst; allein die Abstammung ist dunkel. Die meisten sind auf das Lat. vestire, investire, gefallen, weil ein solches Kind dadurch gleichsam zum Christen eingekleidet wird, oder auf vestiarium, weil dergleichen Hemden ehedem in der Kleiderkammer der Kirchen verwahret wurden; anderer Ableitungen zu geschweigen. Noch wahrscheinlicher ist die Ableitung von weiß, indem in dem alten Gedichte auf den heil. Anno wole wister wad. ein sehr weißes Kleid, bedeutet. Daher heißt ein solches Hemd auch im mittlern Lat. Alba, und in albis positi, oder albati sind eben daselbst neu getaufte Kinder, in dem alten Gedichte auf Carln den Großen bey dem Schilter westbarn. Auch bey den alten Schweden heißt ein solches Westerhemd Hvitavadum. S. Andr. Esse disp de mortuis in Huitauadum. Upsal, 1766. Indessen ist Wester in einigen Oberdeutschen Gegenden, z.B. um Nürnberg, auch für sich allein[1510] üblich, und bedeutet alsdann die Taufhandlung. So schickt man einer Wöchnerinn etwas in das Wester, wenn man ihr nach der Taufe einige Erfrischungen zum Geschenke macht. Daher es scheinet, als wenn es aus Baptisterium verderbt worden, welches sehr häufig auch die Taufe selbst bedeutete.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1510-1511.
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