Zeugen (1)

[1698] 1. Zeugen, verb. regul. act. ein Ding seiner Art aus sich selbst, oder durch unmittelbare Mittheilung seines Wesens hervor bringen. 1. Eigentlich; da es denn allein von vernünftigen Wesen, zunächst nur von dem Vater gebraucht wird. Er hat nur einen Sohn gezeuget. Kinder mit seiner Frau zeugen. Oder von Vater und Mutter zugleich. Sie haben in ihrer Ehe keine Kinder gezeuget. Von der Mutter allein ist dafür gebähren üblich. 2. In weiterer Bedeutung, durch veranstaltete Fortpflanzung vermehren; im Hochdeutschen nur selten. Canarien-Vögel zeugen, besser, ziehen. Bäume zeugen, ziehen. Weitzen, Hanf, Flachs zeugen, bauen. 3. Figürlich. (a) In der Theologie, wo die erste Person der Gottheit die zweyte gezeuget hat, bedeutet es so viel, als sein Wesen auf eine unmittelbare Art mittheilen. (b) Die wirkende Ursache seyn, hervor bringen; nur in der höhern Schreibart. Alles, was die Erde zeuget. Überfluß zeuget Stolz, Stolz zeuget Übermuth.

So auch die Zeugung, S. solches an seinem Orte besonders.

Anm. Im Notker ziugan, im Nieders. tügen, ingleichen teen, welches sowohl ziehen als zeugen bedeutet. Es scheinet, daß dieses Wort ehedem überhaupt machen, hervor bringen, bedeutet habe, und alsdann würde es mit dem Griechischen τευχειν, ehedem τυχειν, verwandt seyn. Merkwürdig ist, daß zeugen, generare, das folgende zeugen, testari, zeihen, zeigen, und ziehen, in ihren Bedeutungen und Ableitungen sehr oft in einander übergehen, welches unter andern auch aus den Intensivis Zucht und bezüchtigen erhellet. Es scheinet daraus zu erhellen, daß alle drey ehedem in einer dritten allgemeinern Bedeutung überein gekommen, und vielleicht nur ein und eben dasselbe Wort gewesen sind. So ist auch im Lat. testis, sowohl ein Zeuge, als ein Theil der Zeugungsgleider, Diminut. testiculus.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1698.
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