[387] (Peter) Leopold der zweite, Römischer Kaiser, war der dritte Sohn des Kaisers Franz und Marien Theresiens, und wurde i. J. 1747 zu Wien geboren. Er besaß einen hellen Geist, den er schon in seiner Jugend durch nützliche Kenntnisse und den Umgang mit guten Köpfen ausbildete, und dabei das menschenfreundlichste Herz, den reinsten Sinn für häusliche Glückseligkeit und die anspruchloseste Popularität im Umgange selbst mit dem geringsten seiner Unterthanen. Im Jahr 1765 heirathete er Marien Louisen, die Tochter Carls III. Königs von Spanien; und in demselben Jahre ward er, nach dem Tode seines Vaters, Großherzog von Toskana. Je mehr sich Leopold in seiner eignen Familie glücklich fühlte, desto mehr suchte er diese Glückseligkeit auch über seine Unterthanen zu verbreiten. Man sagt nicht zu viel, wenn man sagt, daß er während seiner fünf und zwanzigjährigen Regierung in Toskana dieses Land ganz neu geschaffen habe. Er beförderte den Anbau öder Gegenden und den Ackerbau überhaupt durch die Freigebung des Kornhandels, belebte die Landwirthschaft in allen ihren Zweigen durch Verbreitung nützlicher Kenntnisse in derselben und alle Arten von Aufmunterung, hob die Manufacturen und den Handel durch Aufhebung der Monopolien (von denen vor seiner Zeit alles in Toskana wimmelte) und der Zünfte und durch Verbesserung der Landstraßen, und schenkte seinem Lande durch Einschränkung seines Militairs eine große Anzahl arbeitsamer Menschen. So sehr er durch diese und viele andere vortreffliche Anstalten den Wohlstand seiner Unterthanen zu befördern suchte, so sehr war er auch bemüht, ihnen Aufklärung, Moralität und milde Sitten zu verschaffen. Er stiftete 1783 zu Prato die Akademie zur Bildung junger Geistlichen, hob 1787 die Inquisition im ganzen Lande völlig auf, nahm der Geistlichkeit ihren schädlichen Einfluß, legte wider die Ausschweifungen des jugendlichen Alters Besserungshäuser an, und sicherte durch sein vortreffliches Criminal-Gesetzbuch seinen Unterthanen Gerechtigkeit und Freiheit. Es würde mich zu weit führen, alle vortreffliche [387] Einrichtungen anzuführen, durch welche sich Leopold um Toskana verdient machte; ich füge nur noch die i. J. 1769 von ihm errichtete Anstalt hinzu, vermöge welcher ein jeder in einem eignen dazu errichteten Hause zu Florenz mit vollkommner Sicherheit wichtige Urkunden und Handschriften niederlegen konnte, um sie zu jeder Zeit unbeschädigt wieder zu erhalten. Es darf nicht erst gesagt werden, wie alle diese Anstalten auf der einen Seite von der größten Sorgfalt für das Wohl der Toskaner, auf der andern von der hellsten Einsicht und einer nicht gemeinen Erfahrung zeugen. – Der Tod Josephs II. (d. 20. Feb. 1790) setzte Leopolden in den Besitz der Oestreichschen Erblande, und bald darauf (nach einem Interregnum von sieben Monathen) auf den Kaiserthron; und er überließ Toskana seinem zweiten Prinzen Joseph. Bei dem Antritt seiner neuen Regierung trat er zugleich in einen noch nicht beendigten Krieg mit den Türken; ein neuer fürchterlicher drohte ihm von Seiten Preußens. Alle Niederländische Provinzen, außer Luxenburg, waren verloren; die Ungarn murrten, und von mehrern Seiten tönten ihm laute Klagen entgegen. Leopold zog sich aus allen diesen Gefahren vermöge seiner Einsicht und der Güte seines Herzens. Er endigte den Krieg mit den Türken durch die Reichenbacher Convention (1791), vermöge welcher er denselben alle Eroberungen abtrat, und in der er sich auch mit Preußen vereinigte, beruhigte die Ungarn, erhielt sich die Niederlande, indem er Güte mit Kriegsgewalt vereinigte, und war von Anfang seiner Regierung an bemüht, sich um seine neuen Unterthanen eben so verdient als um die alten zu machen. Eine seiner ersten Verfügungen, welche Leopold in seinen Staaten traf, war die Aufhebung der neuen von Joseph II. mit vielen Schwierigkeiten durchgesetzten Steuerregulirung, wodurch er jedoch an Popularität mehr verlor als gewann. Seine Hauptbemühungen waren übrigens auf die Verbesserung der Justiz und Polizei und auf die Bildung der Jugend gerichtet. Er setzte eine Gesetzcommission zu Verfertigung eines bürgerlichen und peinlichen Gesetzbuchs nieder, in welcher der Freiherr von Martini den Vorsitz hatte, welchem er auch Verbesserungen des Schulwesens auftrug; er [388] durchreiste seine Staaten, forschte selbst nach vielem und besuchte selbst alle Kerker. Leopolds politisches Leben wurde indeß schon in den letzten Jahren seiner Regierung durch die Besorgnisse getrübt, zu welchen die Französische Revolution auch für andre Länder und Völker zu berechtigen schien. Der hohe Grad, den diese Besorgnisse bei ihm erreichten, verleitete ihn ohne Zweifel – denn was ist oft mehr fähig mißzuleiten als Besorgniß? – die letzten Jahre seiner Regierung zu einigen Schritten, die die unparteiische Nachwelt schwerlich billigen dürfte. Dahin gehört die Strenge, mit welcher er den Bischof von Lüttich (Constantin Franz, gebornen Grafen von Hoensbroek) gegen seine nicht ohne Grund wider ihn empörten Unterthanen durch Reichsgewalt in den Schutz nahm. Den 25. Aug. 1791 schloß er die berühmte Pillnitzer Convention wider die Franzosen, und starb den 1. März 1792 an dem Brande in den Eingeweiden, ohne an dem Erfolg des merkwürdigen Krieges, welchen er eingeleitet hatte, Theil nehmen zu dürfen.