Bengalen

[143] Bengalen, ein großer District Landes in Ostindien dies-und jenseits des Gangesflusses, der vormahls zu dem Mogolischen Reiche gehörte, aber nach den Bengalischen Kriegen von 1756 bis 1765, durch das Glück und die Tapferkeit des Lords Clive, an die Ostindische Compagnie in England kam. Bengalen wurde von Nabobs regiert: als aber der Großmogul dasselbe nebst den Reichen Bahar und Orixa den Engländern abtrat (in der Folge überließ er ihnen auch die Provinz Benares), blieb dem Nabob nichts als der leere Titel und ein geringer Theil seiner Einkünfte übrig; und der Tod des alten Nabobs Mir Jaffir setzte die Engländer 1770 völlig in Besitz des Landes und aller Rechte, und der jetzt lebende Nabob (die Engländer haben die Nabobswürde aus Politik beibehalten) bekommt bloß eine Pension von noch nicht einer Million Thalern von ihnen. Bengalen, zu dem jetzt die beiden benachbarten Provinzen Bahar und Orixa und seit 1781 Benares gehören, hat in dieser Vergrößerung einen Umfang, der, nach Rennels Schätzung, gewiß 6000 Deutsche Quadratmeilen beträgt. Es ist ein herrliches fruchtbares Land; die Mogolen nennen es das Paradies der Welt. Die vornehmsten Handlungsartikel, welche aus Bengalen gezogen werden, sind seidne Waren, baumwollene Waren, Tapeten, Opium, Spezereien und Salpeter (welcher aus dem Erdboden hervor wächst, und, weil er zusammen gekehrt wird, im Handel den Namen Kehrsalpeter führt). Bis 1770, wo eine fürchterliche Hungersnoth den dritten Theil der Einwohner in den inländischen Provinzen aufrieb, und fast vier Millionen Menschen das Leben kostete, war Bengalen sehr bevölkert, und zählte damahls auf funfzehn Millionen Einwohner; allein auch ohne diese u. ähnliche Plagen nimmt die Anzahl der Bengalischen Einwohner täglich ab. Die neuen Oberherren saugen das Land durch beinahe unglaublich scheinende Staatseinrichtungen aus, und die Habsucht der Engländer richtet alle Industrie und den Landbau zu Grunde. Jetzt ist Calcutta die Hauptstadt von Bengalen, der Englische Generalgouverneur von ganz Ostindien hat hier seinen Sitz aufgeschlagen.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 143.
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