Der Abbé Maury

[98] Der Abbeʼ Maury, ist aus Valreas einem kleinem Städtchen in dem ehemahligen Avignonschen Gebiet, von armen Aeltern geboren, und war in der constituirenden National-Versammlung seiner Beredsamkeit wegen sehr berühmt, wurde aber als Aristokrat vom Volke heftig verabscheut und mehrere Mahle mit dem Laternenpfahle bedroht. Die Triebfeder aller seiner Handlungen war Ehrgeitz und ein unblässiges Streben nach höhern Würden. Schon vor der Revolution gab er deutliche Beweise davon: er predigte vor dem Könige, und wagte es, in der Predigt auf einige Gebrechen in der öffentlichen Verwaltung aufmerksam zu machen; seine wahre Absicht dabei war, wie er seinen Freunden selbst gestand, keine andre, als die Aufmerksamkeit des Königs auf sich zu ziehen und dadurch eine Pfründe zu erhalten. Ein gleiches hatte er zur Absicht, als er in der National-Versammlung die Vertheidigung der Rechte des Clerus übernahm; er wollte sich dem Papst gefällig machen, und erhielt auch von diesem zur Belohnung seiner Dienste den Cardinalshut. Froh, das höchste Ziel seiner Wünsche erreicht zu haben, eilte er nach Italien, und genießt noch jetzt daselbst der vollen Achtung der beiden alten Tanten Ludwigs XVI. die in ihm den letzten Lobredner des ehemahligen Französischen Throns verehren. Von dem König nahm er während der Zeit, daß er in der Versammlung saß, keine Gnadenbezeugung an, um nicht verdächtig zu werden. Man muß gestehen, daß er wirklich aus innerer Ueberzeugung die Aristokratie vertheidigte, und in so fern wenigstens für keinen Heuchler gelten konnte. Da der Papst im Jahre 1796 eine Armee gegen die Republikaner aufbrachte, ermahnte Maury das Volk zur Erfüllung seiner Pflicht, und gab [98] selbst einen ansehnlichen Beitrag zum Kriege gegen seine geschwornen Feinde.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 98-99.
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