[265] Der Cicisbeo, der Begleiter und Freund der verheiratheten Damen in Italien. Die Dame wählt sich in Italien gewöhnlich nach dem ersten Jahre ihrer Verheirathung ihren Cicisbeo, und dieser wird ihr unzertrennlicher Gesellschafter. Nur des Nachts vertritt der Mann seine Stelle, oft aber auch nur einige Stunden; denn ein wahrer Cicisbeo macht seiner Dame, noch ehe sie aufgestanden, schon die Morgen-Visite. Das Cicisbeat, oder die Sitte der Damen, sich einen Cicisbeo zu halten, ist in ganz Italien herrschend (ein Chepaar, welches es wagt, sich über diese Sitte hinweg zu setzen, macht sich zum Gelächter); allein nirgends wird es so weit getrieben, als in Genua, wo schon nach dem Hochzeittage aller öffentliche Umgang eines Ehemanns mit seiner Frau aufhört, und wo beide schlechterdings [265] nicht zusammen gesehen werden dürfen. »Es ist ein Vorurtheil,« sagt Archenholz, »daß die Italiener sehr eifersüchtig sind. Daß sie in Ansehung ihrer Weiber diese Leidenschaft nicht zeigen, wird durch das Cicisbeat vollkommen bewiesen. Ihre Eifersucht gegen ihre Geliebten zeichnet sich aus; nicht daß sie in einem solchen Falle stärker wäre, als bei andern Nationen; allein sie äußert sich heftiger, woran ihre hitzige und rachgierige Gemüthsart Schuld ist, die oft durch nichts geringeres als Mord und Tod befriedigt werden kann.«