[464] Der Polytheismus, (a. d. Griech.) die Vielgötterei. Den Ursprung dieser Art der Religion, die zu allen Zeiten unter den Völkern des Erdbodens verbreitet war, müssen wir in dem Kindesalter der Menschheit aufsuchen. Der rohe Naturmensch ist bei dem Mangel physischer Kenntnisse geneigt, alles, was ihn umgiebt, zu personificiren. Wenn er daher schon frühzeitig den wohlthätigen oder schädlichen Einfluß vieler Gegenstände und Erscheinungen in der Natur empfand; wenn er die Sonne, den Mond und andre Gestirne des Himmels sah, und überall ihre heilsamen Wirkungen fühlte: was war natürlicher, als daß er sich nun eben so viele mächtigere Wesen darunter dachte, deren Liebe er zu gewinnen und deren Zorn er zu besänftigen suchen müsse? Späterhin wurden auch Verstorbene, die sich als Helden, Gesetzgeber, Erfinder u. s. w. um das menschliche Geschlecht verdient gemacht hatten, von ihren dankbaren Nachkommen in die Classe höherer Wesen versetzt und ihr Andenken durch religiöse Verehrung geheiligt. Je nachdem nun ein Volk auf einer niedrigern oder höhern Stufe der Cultur steht, ist auch der unter demselben herrschende Polytheismus roher oder feiner. Wie sehr unterscheidet sich nicht auch hierin der stumpfsinnige Feuerländer von dem gebildeten Griechen? Immer blieb aber der Polytheismus Religion des Volks, da die Weisen der Nation hin und wieder im Besitz richtiger Religionserkenntnisse waren.