Der Vesuv (Vesuvius)

[321] Der Vesuv (Vesuvius). Dieser berühmte feuerspeiende Berg liegt an der östlichen Ecke des Meerbusens, 4 Meilen von Neapel, in einer herrlichen und fruchtbaren Gegend, die, theils durch die innerliche Wärme des Bodens, theils durch die ausgeworfene Asche, Salpeter und Schwefel gedüngt, Früchte 50fältig trägt. – In den ältesten Zeiten war der Berg noch weit fruchtbarer gewesen: und ob er zwar gleich seit undenklichen Zeiten Feuer gespieen hatte, so hatte man doch von seinen Wirkungen nichts zu befürchten gehabt, und die Gegend war stark angebaut worden; allein im J. 79 nach Chr. Geb. (unter Titus Regierung) fing er auf die entsetzlichste Art an zu toben, verheerte viele Städte (Herculanum, Pompeji etc.) tödtete viele Menschen, unter andern auch den ältern Plinius, und stürzte wahrscheinlich auch den alten Gipfel ein. Die folgenden Erschütterungen und Brände – manhat deren zusammen seit Chr Geb. auf 25 gezählt – waren mehr oder weniger schrecklich; allein die von 1631 (die 13te) war wieder eine der fürchterlichsten. Den 16 Dec. fing er nach vorhergegangenem Erdbeben an, den folgenden Tag brach ein ungeheurer Strom Lava nach Neapel zu aus, welcher alles verheerte und verbrannte. Neapel wurde mit Dampf und Asche bedeckt. Der 22te Ausbruch (im J. 1737) war wieder die furchtbarste Wiederhohlung; nicht minder der vom Jahr 1779. – Der neuste Ausbruch von der außerordentlichsten Heftigkeit geschah den 12. Aug. 1805, nachdem schon zuvor, den 26 Jul. eines der fürchterlichsten Erdbeben in dieser Gegend gewüthet und über 1300 Familien verschüttet, mehrere Oerter gänzlich [321] zerstört, und überhaupt die traurigsten Verwüstungen und Zerrüttungen (unter denen bloß die zu Neapel auf 20 Millionen Ducaten geschätzt worden) angerichtet hatte, die man aber nicht gerade dem Vesuv allein zuschreiben konnte. Mit Uebergehung weitläufiger Beschreibungen dieser fürchterlichen Naturereignisse, welche schon von ältern und neuern Schriftstellern so vielfach und interessant – von neuern z. B. von dem berühm-Ritter Hamilton, ferner von Volkmann (Nachr. v. Ital. 3Bd.), von Jacobi (Briefen aus der Schweiz und Italien) und sehr vielen andern – beschrieben worden; und, mit Verweisung auf den Art. Vulkan, in Ansehung der Ausbrüche überhaupt solcher feuerspeienden Berge, führen wir nur noch die Bemerkung mehrerer Beobachter hier an: daß wohl allerdings durch gute Anstalten dem Strome eine gewisse Richtung gegeben werden könnte, zumahl da derselbe eigentlich allemahl einen langsamen Weg nimmt, und wenigstens das Leben der Menschen dann noch sehr leicht gerettet werden kann. Uebrigens erwähnen wir nur noch hier der Drei Wege, auf welchen man den Vesuv besteigen kann: 1tens von Mitternacht über S. Sebastiano bei der Somma vorbei, 2tens gegen Abend über Resina (der beschwerlichste, aber doch gewöhnlich von den Reisenden gewählte Weg), 3tens gegen Morgen über Ottojano. – Den Gipfel, welcher 3600 Fuß über die Meeresfläche erhaben ist, zu ersteigen, gehört unter die kühnsten Unternehmungen, weil man die Hälfte hinauf bis an die Knie in Asche waten, und über äußerst steile Abhänge hinweg muß. Einige Gelehrte, z. B. Spallanzani, Dolomieu, und der oben erwähnte berühmte Hamilton (der letztere 62 Mahl) haben es gewagt; aber seit 1779 hatte keiner den Muth, in den Crater selbst zu steigen, bis endlich in Jul. 1801 Acht Franzosen, Debert, Dampierre, Moulin etc. die gefährliche Reise unternahmen und sie auch glücklich zurücklegten. Die interessante Beschreibung dieses Wagstücks findet man in Herrn v. Archenholz Minerva von 1802, M. Febr. S. 279.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 321-322.
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