[113] Die Goldmacherei. (Vergl. den Art. Price.) Wir haben bereits in dem Artikel Alchymie über diese Materie gesprochen, halten es aber für zweckmäßig, noch Einiges hinzu zu fügen. Der Hang, dasjenige, was auf dem gewöhnlichen Wege Vielen zu langsam, Vielen unmöglich [113] scheint, auf einem kürzern, durch das Glückʼ, zu erreichen, ist dem gewöhnlichen Menschen zu natürlich, als daß er denselben nicht oft verführen sollte, besonders da sich dazu gewöhnlich ein anderer eben so starker Hang unserer Natur, der Hang zum Uebernatürlichen und Wunderbaren, gesellt, welcher mit dem Glauben an Goldmacherei noch eine eigne Schwärmerei verbindet. Um desto verdienstlicher ist es, wenn sowohl Chemisten als Philosophen diesem Glauben entgegen arbeiten, welcher selbst in unsern aufgeklärten Zeiten sogar noch öffentlich gepredigt wird, dabei aber auf eine weit gefährlichere Art im Dunkeln herumschleicht. Kann der Chemist auch die Möglichkeit Gold zu machen nicht geradezu läugnen, so kann doch Niemand als er so lebhaft von der Mißlichkeit dieses Unternehmens, vorzüglich aber davon überzeugt sein, daß, wenn auch ein solcher chemischer Prozeß gelänge, die Kosten desselben dem daraus erwachsenden Gewinn die Wage halten würden; und dem Philosophen kann es nicht schwer fallen, die Immoralität dieser Art von Schwärmerei in dem lebhaftesten Lichte zu zeigen. Ich füge einige Kunstgriffe bei, durch welche Charlatans Leichtgläubige täuschen, und sie von der Möglichkeit, Gold zu machen, überreden können. a) Man sättigt Schwefelleber (das Laugensalz löst den Schwefel auf und bildet damit eine Masse, welche man Schwefelleber nennt) mit Gold, hebt sie in einer wohlverstopften Flasche auf, läßt alsdann etwas reines Silber im Tiegel schmelzen, und trägt doppelt so viel von der Schwefelleber in das geflossene Silber. Dieses wird sich zum Theil in eine Schlacke verwandeln, zum Theil aber sich mit dem Golde vereinigen, von welchem man es nachher durch Scheidewasser scheidet. b) Man schmelzt Goldkörner in Blei ein, und läßt dieses Blei im Tiegel fließen, so wird das Gold im Boden des Tiegels wieder zum Vorschein kommen. c) Man höhlt einen hölzernen Stab an dem einen Ende aus, füllt die Höhlung mit Goldfeil, und verwahrt die Oeffnung, so daß man nichts davon gewahr wird. Steht nun die Arbeit im Feuer, so stellt man sich, als ob man geschwind ein Instrument zum Umrühren suche, holt den unansehnlichen Stab aus einem Winkel, und rührt mit demselben in den geschmolzenen Materien so lange, bis das Ende desselben [114] abgebrannt und das verborgene Metall mit der Materie vermischt ist. d) Quecksilber amalgamirt sich (s. amalgamiren) mit einer beträchtlichen Menge Gold und Silber, ohne in seinem äußern Ansehn verändert zu werden. Setzt man nun dieses Quecksilber dem Feuer aus, so wird solches davon fliegen, und das Gold oder Silber zurück bleiben. e) Man zeigt auch hin und wieder eiserne Nägel, Messerklingen etc. die zur Hälfte Gold sind – so weit sie nehmlich in die Goldtinctur oder die Tinctur der Philosophen eingetaucht werden; diese Dinge bestehen aus zwei Stücken, einem von Gold und einem von Eisen, die man mit Kupfer zusammen gelöthet und nachher mit einer Eisenfarbe überstrichen hat, welche letztere, sobald man einen solchen Nagel bis an die Löthung eine Zeit lang in die Tinctur taucht, abgeht und das Gold zum Vorschein bringt. Doch sind vielleicht die Charlatans und die vorsetzlichen Betrüger nicht die einzigen, welche bei dieser Sache zu fürchten sind. Mehrere, welche Andere betrügen, sind selbst Betrogene oder sich Betrügende, und suchen entweder auf Anderer Unkosten ihre vermeinte Kunst zur Vollkommenheit zu bringen, oder sie reißen, auch ohne eigennützige Absichten, ähnlich gestimmte Seelen mit sich fort. Das erstere scheint bei dem Cajetano (Don Dominico Emanuel Cardano Conte de Ruggiero) der Fall gewesen zu sein, welcher, nachdem er vier Jahr hindurch den Preußischen Hof mit Versprechungen hingehalten, 1709 zu Cüstrin gehängt wurde, und dessen Geschichte vor einigen Jahren aus den Untersuchungsacten bekannt gemacht worden ist. Das letztere fand ohne Zweifel bei dem bekannten und gelehrten Theologen D. Semmler Statt, welcher in seinen hermetischen Briefen wider Vorurtheile und Betrügereien (i. J. 1738) eine so genannte »geheime hermetische Chemie empfiehlt, die er auch die himmlische, olympische, elementarische, die innerliche, feuchte, nasse, unbekannte, die natürliche, die Wasserchemie nennt, bei welcher man die gemeine, öffentliche Feuerchemie gar wohl entbehren könne, welche letztere einem Augenzeugen nicht glauben will, der aus mineralischen Samen, aus einer salzartigen Masse über der Erde, ohne Feuer und Kohlen, sich Gold in Flächen oder Blättern häufig genug [115] erzeugen gesehen hat, und dergleichen Luft- olympisches-Gottes-Gold hervorzubringen immer im Stande ist, weil er einmahl diese alte himmlische Salzquelle kennt. »Diese geheime Chemie, sagt Semmler, welche, als wirklich ehrliche Kunst, freilich nur sehr wenigen Menschen in der That zu Theil ward, aber in einem Tage, ja in wenigen Stunden, kurz beschrieben und richtig, historisch, gewiß eingesehen oder begriffen werden kann, ist aus guten Ursachen im Verborgenen gehalten und durch dunkle, metaphorische Beschreibungen und andere Hülfsmitel versteckt und recht schwer gemacht geworden. Indeß kann sie durch eignes gelassenes Nachdenken von einem nicht eigennützigen, nicht stolzen Leser, der sich nicht zu sehr, nicht begierig mit dieser Sache beschäftigt, endlich selbst entdeckt werden; Gotte allein aber, oder der Providenz gehört es, ob ein Liebhaber die Sache nun selbst, bald oder spät, finden und treffen soll! –«