[364] Ernst Gideon, Reichsfreiherr von Laudon (oder, wie Andere schreiben, Loudon), ein sehr berühmter Oestreichscher Feldherr, der den großen Generalen Dann und Coburg den Rang streitig macht, war, wie ihn sein neuester Biograph Pezzl im zweiten Theile seiner Oestreichschen Biographien schildert, ein echtes aber einzig militairisches Genie. Er bezeigte zu nichts, was nicht auf den Krieg Bezug hatte, Neigung, war ein stummer, düsterer und zurückschreckender Gesellschafter, floh die Menschen, und sein cholerischmelancholisches Temperament machte ihn hart und streng. Allein sobald er vor dem Heer stand, war er von allem das Gegentheil. Unerschrocken, augenblicklich entschlossen, schnell im Ueberschauen des Ganzen, unerschöpflich in Rettungsmitteln bot er jeder Gefahr die Spitze, verband List mit Heldenmuth, und war rastlos bis zur Vollendung seiner Plane, die sehr durchdacht waren und mit unglaublicher Geschwindigkeit ausgeführt wurden. – Seine Familie stammte aus Schottland; er war aber zu Tootzen in Liefland 1716 geboren, trat 1731 in Russische Dienste, übte sich hier zuerst im Kriege, verließ Rußland jedoch als Lieutenant, und bot sich 1740 zu Friedrichs II. Heeren an, erhielt aber von diesem Monarchen, dem, wie man gewöhnlich erzählt, sein finstrer Blick widrig war, abschlägliche Antwort. Wie sehr verkannte hier Friedrich sein Interesse! Voll von Unwillen ging Laudon nach Oestreich, ward Hauptmann bei dem Panduren-Obersten Trenk, ging mit ihm über den Rhein gegen die Franzosen, und wurde bei dieser Gelegenheit – das einzige Mahl in seinem Leben – verwundet. Da er aber [364] von dem unruhigen und ungestümen Trenk viel ausstehen mußte, so dankte er ab; er wurde in dessen Prozeß verwickelt, aber für unschuldig erklärt und bei den Kroaten als Major angestellt. Bald bahnte ihm der siebenjährige Krieg den Weg zu höherm Ruhme, sein Talent half ihm zur Stelle eines Obersten und Generals. Er verfolgte den von Prag fliehenden Feind, und zeichnete sich besonders in dem kleinen Kriege aus. Er erhielt den neugestifteten militairischen Theresien-Orden, wurde nachher sogar Großkreuz desselben (d. h. er erhielt das größere Ordenskreuz), und stieg endlich bis zum General-Feldzeugmeister (1759). Er verdiente aber auch diese Auszeichnung: denn er war es, der bei Olmütz 1758 den großen Preußischen Proviant- und Munitions-Trausport wegnahm, und dadurch die Aufhebung der Belagerung dieser Stadt bewirkte; er allein siegte 1759 bei Kunnersdorf, da die Russen schon flohen (und nie hat Friedrich der Große mehr verloren als in dieser Schlacht, nach welcher ihn nur die Unthätigkeit der Russen vom Untergange rettete); er hatte an dem Ueberfall bei Hochkirchen (1758) sehr viel Antheil, ja Einige versichern, daß Er, und nicht Daun, den ganzen Plan dazu entworfen habe; er eroberte 1760 Glatz durch Sturm, überfiel 1761 die wichtige Festung Schweidnitz in der Nacht und eroberte sie in wenig Stunden. Er führte noch viele Thaten aus, und würde noch weit mehr gethan haben, wenn er nicht zu streng an die Befehle seines Hofs gebunden gewesen wäre: – er wurde sogar, da er Schweidnitz ohne Ordre überfallen hatte, zur Verantwortung gezogen; und nur der Kaiser Franz rettete ihn nebst dem Fürsten von Lichtenstein von der Strafe. Nach Endigung des siebenjährigen Krieges lebte er größten Theils auf seinem Landgute Hadersdorf bei Wien. Er erhielt die Würde eines Reichsfreiherrn, und ward beim Ausbruch des Bayerschen Erbfolgekriegs 1778 Feldmarschall. Hier hatte er die Hälfte der Armee unter seinen Fahnen, und hielt die Preußen den ganzen Krieg hindurch ab, etwas von Entscheidung zu unternehmen. Nach dem bald abgeschlossenen Frieden genoß er einige Jahre der Ruhe; allein der furchtbare Krieg gegen die Türken brach aus, und er wurde als Hauptgeneral der bei Kroatien und Slavonien stehenden Armee angestellt [365] (1788). Gleich nach seiner Ankunft schlug er den Feind, eroberte die Festungen Dubicza, Novi und Berbir, erlangte noch mehrere Vortheile, und wurde 1789 als oberster Befehlshaber der bei Semlin stehenden Hauptarmee angestellt. Diese Armee hatte bisher sehr gelitten, und fing nun an zu siegen. Laudon führte hier als Greis sein letztes, aber auch sein größtes Meisterstück aus, die Eroberung von Belgrad. Er schloß diese Vormauer des Türkischen Reichs mit unglaublicher Mühe ganz ein, schlug alle Ausfälle zurück, bemächtigte sich der Vorstädte, und erhob eine der fürchterlichsten Kanonaden, die je gehört worden sind, gegen die fast unbezwingliche Stadt, die sich endlich am 9. Oct. 1789 ergab. Als 1790 Preußen den Kaiser mit gewaffneter Hand zum Frieden zwingen wollte, wurde Laudon zum Anführer der in Böhmen, Mähren und Gallizien zusammengezogenen Truppen bestimmt: allein wenn auch der Friede nicht erfolgt wäre, so würden doch die Lorbern von Belgrad seine letzten gewesen sein; denn als er den Truppencordon bereiste, erkrankte er, und starb im Hauptquartier zu Neutitschein in Mähren an der Blasenverhärtung (den 14. Juli 1790) als ein Greis von 74 Jahren.