Heinrich der achte

[187] Heinrich der achte. Dieser König, der von 1510 bis 1547 über England regierte, machte sich durch drückende und unüberlegte Anordnungen bei seinen Unterthanen verhaßt, brachte die Jahre der Jugend in sinnlichen Ausschweifungen hin, und schändete sein Alter durch despotische Grausamkeiten. Sein Wille war stets das höchste Gesetz; und er hielt ihn für desto zuverlässiger, je mehr er auf Gelehrsamkeit und Bildung Anspruch machte. Seine Schrift über die sieben Sacramente, die er gegen die Protestanten in Schutz nahm, verschaffte ihm von dem Papste den Beinamen eines Beschützers des Glaubens; und ob er gleich nachher dem Papste aus Verdruß, weil dieser nicht in die Scheidung von seiner Gemahlin einwilligen wollte, allen Gehorsam aufkündigte, so behielt er doch diesen Titel bei, und vererbte ihn auf alle nachfolgende Könige von England. Weit entfernt, daß die Mißhelligkeiten mit dem Römischen Stuhl ihn hätten bewegen sollen, der protestantischen Lehre Eingang zu verschaffen, und die Zahl ihrer Anhänger zu vermehren, dachte er vielmehr an die Anordnung eines eignen Glaubenssystems in sechs Artikeln, deren unverbrüchliche Befolgung er den Katholiken sowohl als den Protestanten bei Todesstrafe auferlegte, und sich dadurch ihren gemeinschaftlichen [187] Haß zuzog. Er hob die Klöster auf und zog ihre Schätze an sich; die Parlamenter wagten nicht, ihm Widerstand zu leisten, sondern gaben ihre Zustimmung zu allen seinen planlosen und unreifen Entwürfen, aus Furcht, die Folgen seiner Rache zu empfinden. Sein Privatleben war nicht weniger ärgerlich als seine Sitten unrein und verdorben waren: seine Gemahlinnen pflegte er eben so plötzlich zu verstoßen, als er sie vorher auf den Thron erhoben hatte. Die merkwürdigste unter ihnen war die bekannte Anna von Bullen (m. s. dies. Art.).

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 187-188.
Lizenz:
Faksimiles:
187 | 188
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika