Hermann Boerhave

[161] Hermann Boerhave, (sprich Burhave) geb. 1668 zu Voorhut unweit Leiden, gest. 1738. Er war Professor der Medicin und der Chemie zu Leiden. Der Ruhm, welchen er sich durch seine alles umfassenden, gründlichen Kenntnisse erworben, verbreitete sich nicht nur durch ganz Europa, sondern sogar bis nach China, von wannen er einst einen Brief unter der Addresse: »an Herrn Boerhave in Europa« richtig erhielt. Seine große Wissenschaft brachte nicht nur ihm sondern auch der Stadt Leiden vielen Reichthum zuwege; oft kamen 200 Engländer nach Leiden, welche seinetwegen ihr Geld da verzehrten. Sein Vorzimmer war beständig mit Fremden angefüllt, die in der Ordnung vor ihn gelassen wurden, wie sie angekommen waren; oft mußte man 2 bis 3 Stunden warten, wie solches selbst dem Czaar, Peter dem Großen, bei ihm widerfuhr. Er war geitzig und ließ sich gut bezahlen, doch schonte er die Armen. Seine Liebe zum Gelde machte ihn auch noch für eine gute Einnahme nach seinem Tode vorsorglich. Man fand in seiner hinterlassenen Bibliothek einen großen Folianten, den man für eine Sammlung noch ungedruckter Schriften von ihm hielt, und wo man glaubte, die tiefsten Geheimnisse der Arzneikunst zu finden: der Foliant wurde um 10000 Gulden verkauft; und nach seiner Eröffnung fand man nichts in demselben, als auf der ersten Seite: »Halte den Kopf kalt, den Bauch offen, die Füße warm; so kannst du der Aerzte spotten.« In seinen Sitten war er – ein Holländer – ohne Complimente – wenig höflich, und in seinem Aeußerlichen mehr einem Bauer als einem reichen Gelehrten ähnlich. Er fühlte übrigens seine wissenschaftliche Größe; öfters sagte er in seinem Collegium: »aber wer hat hierüber geschrieben? Niemand! man schlage also Hermann Boerhave, da und da, nach« Unter seinen Schriften haben sich seine Aphorismen von Kenntniß und Heilung der Krankheiten, [161] und seine Grundsätze der Chemie besonders ausgezeichnet.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 1. Amsterdam 1809, S. 161-162.
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