[210] Johann Calvin, geb. 1509 zu Noyon in der ehemaligen Picardie, gest. zu Genf 1564. Dieser Mann ist als ein Hauptstifter der reformirten Religionspartei merkwürdig. Zu einer Zeit, da Luther und seine Gehülfen in Wittenberg für die gute Sache stritten, und die Kirchenverbesserung mit Gefahr ihrer eignen Sicherheit unternahmen, bekämpfte Calvin zu Genf, wo er, nach seiner Vertreibung aus Frankreich, als Lehrer der Theologie angestellt war, die papistischen Irrthümer, und suchte die christliche Religion in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder herzustellen. Rastlose Thätigkeit in Beförderung des Guten, unermüdeter Eifer in Ausrottung der Mißbräuche, ein feiner, durch die Lectüre der Classiker gebildeter Geschmack, strenge Reinheit der Sitten und ein unablässiges Bestreben seinen Nebenmenschen nützlich zu werden, dieß waren Eigenschaften, welche ihn vorzüglich auszeichneten. Cholerische Hitze und vorübergehende Intoleranz hatte er mit den meisten Reformatoren der damaligen Zeit gemein; er blieb daher eben so unerschütterlich bei seinen einmal angenommenen Sätzen. Wie viel Gutes hätte bewirkt werden können, wenn dieser Mann mit den Reformatoren in Deutschland gemeinschaftlich gearbeitet hätte! Aber unglücklicher Weise hinderten ihn gewisse Meinungen in der Lehre von dem Abendmahle und der göttlichen Vorherbestimmung, sich ganz mit der Lutherischen Partei zu vereinigen Er ging daher muthig einen eigenen Weg fort, und bekam zahlreiche [210] Anhänger, wozu die Lage und Unabhängigkeit der Republik Genf nicht wenig beitrug.