Jourdan

[276] Jourdan. Dieser schändliche Bösewicht erhielt wegen der unzähligen Mordthaten, die er mit der schamlosesten Kaltblütigkeit beging, den Beinamen des Kopfabhauers. Er hatte eigentlich das Schmiedehandwerk erlernt; nebenbei machte er aber auch den[276] Schleichhändler mit verbotenen Waren, und trieb diese Geschäfte so lange, bis der völlige Ausbruch der Revolution in Paris (am 14. Juli 1789) ihm eine neue Laufbahn eröffnete, welche in Rauben und Morden bestand. Bei dem Aufruhr in Versailles am 5. und 6. Oct. 1789 zeigte er sich vorzüglich thätig, und spielte unter den gedungenen Meuchelmördern, welche so grausam gegen die Leibwache des Königs wütheten, eine vorzügliche Rolle. In Paris konnte er während des Jahrs 1790 seiner Mordbegier keine neuen Opfer bringen, weil die öffentliche Ruhe damahls so ziemlich gesichert war; er ging deßwegen das darauf folgende Jahr in die Grafschaft Avignon, wo sich eine Armee aus Räubern und anderm verworfenen Gesindel gebildet hatte, welche in der Gegend umher ungeschent mordete und plünderte. Jourdan ward bald der Anführer dieser Buben; und nun verging kein Tag, an welchem er sich nicht mit Blut besudelt und die Verwünschungen und den Abscheu aller Rechtschaffnen auf sich gezogen hätte. Unter dem Vorwande, die Aristokraten in Avignon zu züchtigen, ließ er eine Menge Menschen einkerkern; und da die aufs äußerste gebrachten Einwohner einen seiner Mitgenossen, einen gewissen Lecüyer, ihrer gerechten Rache aufopferten, die Gefangnen umbringen und bald entseelt in ein unterirdisches Loch, die Eisgrube genannt, werfen, um den Manen seines Freundes ein Todtenopfer zu bringen. Umsonst flehten die bedrängten Einwohner bei der National-Versammlung um Hülfe gegen die Räuber. Die Jacobiner hatten ihre Gründe, warum sie die Schandthaten nicht bestraft wissen wollten; und selbst Männer wie Brissot und Vergniaud schämten sich nicht, ihnen beizustimmen. Eine allgemeine Amnestie, welche nach der Vereinigung der Grafschaften Avignon und Venaissin mit Frankreich bekannt gemacht wurde, befreite die Unmenschen von aller Strafe, und verschaffte dem Jourdan sogar die Ehre eines Bürger-Generals. Mit einem Lorberzweig bekränzt, zog er in Avignon ein, um sich zu neuen Schandthaten vorzubereiten. Im Jahre 1793 war er einer der Anführer der Revolutionsarmee, welche im Innern von Frankreich die Contrerevolutionairs aufspüren sollte, und bei dieser Gelegenheit das ganze Land mit Leichen und Trauer erfüllte. Aber in[277] dem darauf folgenden Jahre wurde er endlich selbst durch die Guillotine hingerichtet (am 27. Mai 1794, zu Paris), vielleicht weil sich seine eignen Genossen vor ihm zu füchten anfingen. – Die Nachricht, daß ein Anderer gleiches Namens guillotinirt worden sei, und der Kopfabschneider Jourdan noch lebe, hat sich zum Glück für die Frankreicher nicht bestätigt; – er hieß Jouve.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 276-278.
Lizenz:
Faksimiles:
276 | 277 | 278
Kategorien: