Louis Racine

[33] Louis Racine, der Sohn des Vorhergehenden, wurde 1692 zu Paris geboren. Er war noch Kind, als ihm der Tod seinen Vater entriß, dem er sich mehr durch seine Liebe zu den Pieriden, als durch die dichterischen Anlagen seines Geistes näherte. Jene Neigung wurde durch die Vorstellung des Boileau, der ihm die Beschäftigung mit der Dichtkunst ganz widerrieth, nicht unterdrückt. In seinem acht und zwanzigsten Jahre lieferte er das Gedicht über die Gnade, in dem der Leser auf mehrere sehr glückliche Verse trifft. Den geistlichen Stand, den er anfänglich gewählt hatte, verließ er späterhin; und zuletzt wurde er durch den Cardinal von Fleury bei den Finanzen angestellt. Er zeichnete sich durch mehrere liebenswürdige Eigenschaften, und besonders durch seine Bescheidenheit aus. Man sagt, daß er sich mit den Werken seines Vaters in der Hand, und gekehrt mit dem Blicke auf den Vers der Phädra: Moi, fils inconnu dʼun fi glorieux pere, habe mahlen lassen. Seine Gedichte sind, ob er gleich den Geist seines Vaters nicht besaß, doch zum Theil sehr schön; unter ihnen verdienen einige Oden, verdient das Gedicht über die Religion in sechs Gesängen, das Rousseau so sehr erhebt, den meisten Beifall. Wir haben von ihm, außer diesen Poesien und der im vorigen Artikel angeführten Biographie, noch Bemerkungen über die Trauerspiele des Jean Racine und eine Uebersetzung von Miltons verlornem Paradiese erhalten. Er starb 1763.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 33.
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