Mannheim

[54] Mannheim, die zweite Hauptstadt in der Unterpfalz und vormahlige gewöhnliche Residenz des Churfürsten (seit 1720 – vorher war es Heidelberg – bis 1778, da der Churfürst Carl Theodor seinen Sitz nach München verlegte), liegt am Einflusse des Neckars in den Rhein, und zählte im J. 1777 über 25,000 Einwohner, welche Anzahl sich jedoch durch die Verlegung der Residenz um etliche Tausend verringert hat. Mannheim ist eine der regelmäßigsten und schönsten Städte Deutschlands (vielleicht nur allzu regelmäßig gebaut); eine Folge ihrer Zerstörung im vorigen Jahrhunderte durch die Franzosen, nach welche sie so [54] schön aus ihren alten Trümmern hervorgehen konnte. Da sie aber sehr sumpfig liegt, so hat sie schlechtes Wasser und ungesunde Luft. Sehenswerth sind daselbst das churfürstliche Schloß (wovon jedoch bei dem bald anzuführenden Bombardement ein Flugel nebst dem schönen Opernhause und dem physicalischen Cabinet ein Raub der Flammen wurde) mit einer vortrefflichen Bilder-Gallerie, eine schöne Statuen- und andre Sammlungen, das Observatorium, das größte und schönste in Deutschland. Uebrigens hat Mannheim eine 1763 gestiftete Akademie der Wissenschaften, die sich wöchentlich einmahl versammelt, eine Deutsche gelehrte Gesellschaft, eine Akademie der Zeichnungs- und Bildhauerkunst und viele andre nützliche Institute für den Unterricht in verschiedenen Fächern, auch eine Frauenzimmer-Erziehungsanstalt; auch war noch vor einigen Jahren eins der ersten Deutschen Theater daselbst (s. Iffland). Uebrigens sind weder Manufacturen noch Handel in Mannheim das, was sie sein könnten. – In der Nachbarschaft von Mannheim sind vorzüglich Heidelberg (s. diesen Art.) Schwetzingen mit einem churfürstlichen Lustschlosse und schönen Gärten, das Erziehungs-Institut für junge Frauenzimmer zu Frankenthal und die Alterthümer zu Schriesheim, Seckenheim, Lindenfels und Ingelheim merkwürdig. – Was die Geschichte von Mannheim in dem neuesten Französischem Kriege betrifft, so ergab sich die seit dem 15. Oct. 1794 von den Franzosen blockirte Rheinschanze vor Mannheim den 25. Dec. d. J. an dieselben, wobei ihnen vorzüglich der ungewöhnlich starke Winter zu Statten kam, bei welchem der Rhein selbst Grundeis zu wälzen anfing. Es wurde jedoch bei der Uebergabe bedungen, daß Mannheim selbst, so lange der Krieg nicht auf dem rechten Rheinufer geführt würde, nicht bombardirt werden sollte. Da nun aber die Franken, nach ihrem berühmten Rhein-Uebergang in der Nacht vom 5. auf den 6. September 1795, Mannheim von der Rheinschanze aus mit einem Bombardement bedrohten, wenn es ihnen nicht die Thore öffnen würde, so kam nach einer Unterhandlung von wenig Tagen d 20. Sept. eine überaus billige Capitulation zu Stande, vermöge welcher [55] sich Mannheim ergab. Um einen so wohlfeilen Preis erhielten die Franken diesen wichtigen Ort. Doch bald mußte ihr Kriegsglück dem Glück des General Clairfaye weichen, in welchem dieser sich auch das ganze Jahr hindurch behauptete. Den 18. Oct. eroberte General Wurmser das Fränkische Lager vor Mannheim, und schloß dadurch diese Festung auf dem rechten Rheinufer ganz ein; hierauf folgte die Ueberwältigung der Französischen Linien vor Mainz durch Clairfaye (d. 29. Oct.) und das Treffen am Frankenthaler Canal (d. 14. Nov.), nach welchem die Franken unmitelbar die Rheinschanze vor Mannheim verließen, so daß diese Festung nun rund umher eingeschlossen war. Nun wurde die Belagerung von Mannheim, welche Wurmser schon auf dem rechten Ufer angefangen, aber zur Schonung der Stadt bisher nur gegen die Wälle gerichtet zu haben schien, vom 15. Nov. an anhaltend und ernst; auch wurde sie auf dem linken Rheinufer von der Rheinschanze aus betrieben: bis endlich der Commandant der Fränkischen Truppen in Mannheim, der Divisionsgeneral Montaigu, am 21. Nov. eine Capitulation abschloß, wodurch sich die Besatzung von 9762 Mann zu Kriegsgefangenen ergab. – – Den 25. Jan. 1798 forderten die Franzosen die Rheinschanze bei Mannheim (welche i. J. 1795 von den Franzosen zerstört, im Frühjahr 1796 aber von Erde einiger Maßen wieder ausgebaut wurde und gegenwärtig nur schwach besetzt war) auf, und bemächtigten sich derselben noch denselben Tag, nach einer lebhaften Kanonade, mit Gewalt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 54-56.
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