Melismatisch

[114] Melismatisch, bedeutet eigentlich in der Musik, was zur Verzierung des Gesanges gehört, und was man auch besonders unter Manieren versteht, in so fern ein Ton mit einer angenehmen Wendung in mehrere kleinere oder schnellere eingetheilt wird, welche zusammen die Dauer des Haupttons ausmachen. Der melismatische Gesang (wenn zwei, drei und mehrere Noten auf Eine Sylbe gesungen werden) wird dem syllabischen (wenn zu jeder Note eine Sylbe genommen wird, wie z. B. außer den Recitativen auch bei Choralgesängen) entgegengesetzt. In Arien, Chören, Motetten etc. kommen beide Arten vermischt vor. Das Melisma bezeichnet sowohl eine aus verschiedenen Noten zusammengesetzte Figur, als auch eine durch viele Takte hindurch dauernde Reihe verschiedener solcher Figuren, wozu im Texte nur eine einzige Sylbe vorhanden ist. Das letzte nennt man im Deutschen eine Sylbendehnung; und der Sänger hat hier Gelegenheit, sich hauptsachlich in Läufern, Passagen etc. hören zu lassen.

Noch nennt man im besondern Sinne melismatische Gesänge gewisse einfache leicht zu fassende Melodien, die jedermann gleich behält und nachsingen kann, wie z. B. gewisse Italiänische sehr angenehme Lieder, besonders diejenigen, welche zu Venedig von den Gondelirern gesungen werden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 114.
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