[165] Michael Montaigne, wurde aus einem alten adlichen Geschlechte 1533 in Frankreich geboren. Sein Vater wendete die größte Sorgfalt auf seine Erziehung; und der junge Montaigne war im sechsten Jahre der Hebräischen, Griechischen und Lateinischen Sprache beinahe eben so mächtig als der Französischen. Bei einer solchen Masse von gelehrten Kenntnissen konnte es ihm in der Folge an Aussichten zu glänzenden Bedienungen nicht fehlen; allein er unternahm weitläuftige Reisen durch Frankreich, Deutschland, die Schweiz und Italien, und unterzog sich nach der Rückkehr in sein Vaterland nur auf einige Zeit den öffentlichen Geschäften. Den Rest seiner Tage brachte er auf einem Landgute zu, [165] wo er seine berühmten Versuche über allerlei Gegenstände ausarbeitete. Dieses Werk, worin Betrachtungen über die wichtigsten Gegenstände des Lebens, über Tugenden und Laster, über Charakter und Leidenschaften, über Glück und Unglück, vorkommen, enthält eine ungemein reiche Quelle practischer Lebensweisheit und Menschenkenntniß, und einen eben so großen Schatz moralischer Grundsätze und edler Gesinnungen. Da Montaigne alles vermied, was seinen Versuchen ein schulgerechtes Ansehn geben konnte, und sich bei Abfassung derselben ganz seiner jedesmahligen Laune und Empfindung überließ; so wurde seine Schreibart zwar etwas nachlässig, bekam aber auch zugleich so viel Originelles, daß jeder Leser unwillkührlich veranlaßt wird, mit der Lage des Verfassers zu sympathisiren. Bode hat durch seine meisterhafte, ganz im Geiste der Urschrift abgefaßte, Uebersetzung dieses Werk für Deutsche Leser eben so brauchbar als anziehend gemacht.