Roger Rabutin

[12] Roger Rabutin, Graf von Bussi, wurde den 3. April 1618 zu Epiry in dem ehemahligen Gouvernement Nivernois geboren. Er war ein Enkel des François de Bussi Rabutin, der sich besonders durch den Commentaire sur le fait des guerres en la Gaule Belgique entre Henri II. et lʼEmpereur Charles-Quint, welcher zu Paris 1574 erschien, bekannt machte. Roger Rabutin hatte kaum das zwölfte Jahr zurückgelegt, als er schon in dem Regimente seines Vaters diente. Er zeigte bei mehreren Belagerungen und Schlachten seinen Muth, und schwang sich bis zu den ersten militairischen Stellen auf. Rabutin erntete indessen nicht bloß die Lorbern des Mars; im Jahr 1665 wurde er Mitglied der Academie francoise; in welcher er eine eben so geistvolle als prahlerische Rede hielt. Unter seinem Namen erschien nun auch ein Manuscript, welches den Titel Histoire amoureuse des Gaules führte, und die Galanterien zweier bei Hofe sehr angesehener Damen zum Gegenstande hatte. Diese Schrift, in der das Schöne der Schreibart, das Feine der Gedanken eben so sehr, als die Charakteristik gewisser Personen fesselte, erregte allgemeines Aufsehen. Sie blieb dem Könige, der Rabutin abgeneigt war, nicht unbekannt: und dieses hatte für den Verfasser sehr üble Folgen; er wurde nehmlich in die Bastille gebracht, und zuletzt nach Chazeu (einem seiner Güter) verwiesen. Hier schrieb Rabutin an Ludwig den vierzehnten eine Menge Briefe, die, wenn sie nicht ein falsches Herz verriethen, doch Beweise einer niedrigen und kleinen Seele gaben. Er heuchelte gegen den Monarchen Gesinnungen, die er nicht besaß, und überhäufte sich dabei mit Lobsprüchen, die ohne Zweifel aufrichtiger als die Betheuerungen seiner Ergebenheit waren. Noch mehr entlarvten ihn aber die Angriffe auf Boileau. Dieser Schriftsteller hatte die Epistel gedichtet, in welcher er den Rhein-Uebergang Ludwigs des vierzehnten besingt, und die ihn wie den Sieger verewigt. Rabutin machte, um nicht ganz vergessen zu werden, sehr satyrische Bemerkungen über dieses Product, ließ aber doch sogleich durch den Pater Rapin und den Grafen von Limoges den Frieden unterhandeln, als Voileau zu einer [12] Züchtigung sich anschickte. Rabutin erhielt endlich noch die Erlaubniß, sein Exil gegen den Hof zu vertauschen; eine Erlaubniß, die er in einem Zeitraume von siebzehn Jahren nicht hatte erhalten können. Er erschien, begab sich aber, da ihn der König nicht bemerken wollte, in seine vorige Einsamkeit wieder, wo er sich den Wissenschaften und dem Genusse der ländlichen Vergnügungen weihte. Er starb 1693 zu Antun in einem Alter von 75 Jahren.

Rabutin hatte Geist, aber noch weit mehr Eigenliebe. Er erblickte außer sich keinen, der ihm als Hofmann, als Krieger, als Schriftsteller an die Seite gesetzt werden könnte; sein Muth galt ihm mehr, als die Tapferkeit des Turenne, sein Genie dünkte ihm weit über das Genie des Pascal erhaben zu sein. Er machte von seines Talenten Gebrauch; aber er wendete sie größten Theils nur an, um sich den Haß Anderer zuzuziehen. Unter seinen Schriften zeichnen sich seine Memoires und Briefe durch den correcten und edlen Styl sehr vortheilhaft aus. Die Geschichte Ludwigs des Großen ist eine bloße Lobrede, die um so mehr empört, je mehr man es fühlt, daß sie der Verfasser gegen seine Ueberzeugung schrieb. Seine Amours des Gaules sind nebst andern gleichzeitigen Anekdoten in Holland in zwei, und in Paris in fünf Bändchen erschienen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 12-13.
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