[193] Schwerdtmagen heißen in den alten Deutschen Rechten und besonders im alten Sachsenrechte alle diejenigen Personen, die von einem gemeinschaftlichen Vater abstammen und durch alle Generationen dessen Geschlechtsnamen fortführen. Seitdem aber das Römische Recht in Deutschland als ein allgemein geltendes Recht vorzugsweise angewendet wird, ist der Ausdruck Schwerdtmagen in der Gesetz- und Gerichtssprache gar nicht mehr gewöhnlich, sondern eine bloße Antiquität; vielmehr braucht man statt dessen die im Römischen Recht befindliche und eben dasselbe bezeichnende Benennung Agnat. – Was nun aber die Benennung dieses Worts selbst betrifft, so hat es damit folgende Bewandtniß: Magen heißt in der alten Deutschen Sprache so viel als eine Gesellschaft, oft auch Theilhaber einer Gesellschaft; daher noch heutiges Tags der hin und wieder gewöhnliche Ausdruck Maskopei, eine Gesellschaft, Magenschaft. Eben daher hieß denn auch bei den alten Deutschen die Verwandtschaft, in welcher eine Familie zusammen sich befand, zuweilen Magenschaft; und die Individuen, die Glieder derselben hießen Magen, und zwar diejenigen, welche von väterlicher Seite her sich verwandt waren, Schwerdtmagen (von dem vorzüglichsten Waffenstück der alten Deutschen und Sachsen, dem Schwerdte, so benannt), hingegen die von weiblicher Seite Spillmagen (von der Spindel oder Spille, weil die Hauptbeschäftigung des weiblichen Geschlechts ehedem im Flachsspinnen bestand).
Diese Schwerdtmagen – welchen Ausdruck ursprünglich nur der vornehmere Theil, nachher aber auch die geringere Volksclasse annahm – hatten auch schon im Mittelalter, gegen die andern Verwandten (Spillmagen) gehalten, große Vorzüge in Hinsicht auf Succession, im Lehn sowohl als im Allodium, indem sie allein, mit Ausschluß der Spillmagen (Cognaten), dazu gelangten. Auch heut zu Tage sind noch in den Sächsischen und den Landen, wo das alte Sachsenrecht gilt, verschiedene Ueberbleibsel vorhanden, z. B. bei der Folge ins Heergeräthe, welches allemahl nur wirkliche Agnaten (Schwerdtmagen) bekommen können, falls der Verstorbene nicht noch bei seinen Lebzeiten darüber verfügt hat; und noch bedeutender sind diese [193] Vorrechte bei Lehn- und Rittergütern etc. Der Grund hierzu läßt sich wohl in der Erhaltung der Geschlechter finden: denn es lag den alten Deutschen viel daran, daß ihr Geschlechtsname in einem gewissen Glanze erhalten würde; und dieß konnte am füglichsten geschehen, wenn sie ihren männlichen Nachkommen vorzugsweise ihr Vermögen hinterließen.