[138] Thessalien, eine ehemahls sehr ansehnliche Landschaft Griechenlands, und gleichsam die Wiege aller Griechischen Völkerschaften, führte zuvor andere Namen: Pyrrhäa, Pelasgia, Aemonia etc. Den Namen Thessalia (welcher aber noch nicht vom Homer gebraucht wird) soll es vom Thessalus, des Pelasgus, nach andern, des Jason und der Medea, oder [138] auch des Herkules Sohn, erhalten haben. Es war sehr vielen Veränderungen ausgesetzt. Zu Deukalions Zeiten wurde es von einer fürchterlichem Wasserfluth überschwemmt, so daß auch ein Theil des nördlichen Thessaliens lange noch mit stehendem Wasser und Sümpfen bedeckt war, bis durch ein Erdbeben der Olymp und Ossa – Berge, die Thessalien umgeben – getrennt, und dem Fluß Peneus ein Ausgang durch das Thal Tempe verschafft worden. Eben so erlitt es auch mehrere politische Veränderungen durch die mancherlei Kriege, wodurch seine Grenzen immer bald erweitert, bald vermindert wurden. Es war in den älteren Zeiten unter mehrere Herrscher vertheilt, und zur Zeit des Trojanischen Kriegs hatte es deren neun bis zehen. Philipp (Alexanders des Großen Vater) brachte endlich Thessalien unter Macedoniens Botmäßigkeit, jedoch mit Zugestehung mehrerer Freiheiten, bis T. Quinctius Flamininus nach der Niederlage des jüngern Philipp bei Kynoscephalä sie wieder frei machte. Allein dieß dauerte nicht lange; denn als die Römer nun selbst sich zu Herren von Griechenland machten, ward auch Thessalien eine Römische Provinz. – H. z. T. steht Thessalien – welches den Mittelpunkt von Griechenland ausmacht, und zwischen Macedonien, dem Archipelagus, Livadien und Albanien liegt, und eine Länge von ungefähr 30, und eine Breite von etwa 20 Meilen umfaßt – unter Türkischer Botmäßigkeit, wo es den Namen Janna führt: die Hauptstadt ist Larissa, am Flusse Peneus, der Vaterort des berühmten Ulysses, und zugleich merkwürdig wegen des in der Nähe befindlichen Passes Thermopylä (s. dies. Art.). Für die Fabellehre ist Thessalien ebenfalls eines der merkwürdigsten Länder. Die Berge Olympus, Helikon, Parnassus und Pindus, das reitzende Thal Tempe etc. die sich in demselben befinden, haben eben sowohl als die Bewohner und Regenten desselben den alten Dichtern reichlichen Stoff zu Erzählungen und Erdichtungen gegeben. Uebrigens hatten die Thessalier den Ruf, daß sie der Wollust und Völlerei sehr ergeben wären; aber auch Zauberkünste und Hexereien hat man ihnen vielfach zugeschrieben. Für geschickte Reiter, so wie überhaupt in der Pferdezucht erfahren, waren sie [139] bekannt genug. Die heutigen Bewohner sind schöne Leute; und das Land selbst bietet treffliche Früchte von Feigen, Melonen, Pomeranzen, Citronen, Mandeln, Oliven etc. dar.