Thucydides

[153] Thucydides. Dieser berühmte Griechische Geschichtschreiber, geb. zu Anfange der 70. Olymp. ungefähr 471 Jahr vor Chr. Geb., hatte den Miltiades zum Großvater, den Olorus zum Vater. Als er in seinem 16. Jahre bei den Olympischen Spielen den Herodot seine Geschichte öffentlich ablesen hörte, stiegen dem Jüngling Thränen ins Auge, so daß auch Herodot den Vater wegen seines Sohnes glücklich pries, der schon so viel Liebe zu den Musen zeigte. In Waffen geübt, erlangte er auch bald einen Namen; allein im 48. Jahre wurde er, weil er der Stadt Amphipolis nicht Zeit genug zu Hülfe gekommen, durch Cleons Partei ins Exil geschickt. Hier fand er nun Muse genug, seine Geschichte des zwischen Athen und Sparta 27 Jahre lang gedauerten Peloponnesischen Kriegs, welche ihm für die Nachwelt seinen Ruf zu wege gebracht hat, zu schreiben. Er verschaffte sich zudiesem Behuf auch alle Quellen und Berichte mit vielen Kosten; zum Theil war er selbst Augenzeuge gewesen. Indessen geht dieses sein Werk, welches aus acht Büchern besteht, nur auf die ersten 21 Jahre jenes Kriegs: die letzten sechs Jahre sind von Theopompus und Xenophon ergänzt worden; ja, das achte Buch schreibt man gar seiner Tochter, Thucydissa, zu. Diese Geschichte nun, welche Thucydides im Attischen Dialecte schrieb, wird wegen seiner Gedrängtheit, wegen seiner starken, lebhaften Darstellungsart, besonders in den Reden, als ganz vorzüglich geschätzt, obgleich [153] diese Kürze und Gedrängtheit ihn sehr oft dunkel macht. Demosthenes soll dieß Werk so sehr geschätzt haben, daß er es acht Mahl selbst abgeschrieben. Nach Einigen kam Thucydides nach einem 20jährigen Exil wieder nach Athen, wo er hinterlistiger Weise wär ermordet worden; nach Andern starb er, ungefähr 80 Jahr alt, in Thracien.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 153-154.
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