Wenzel Anton, Fürst von Kaunitz

[301] Wenzel Anton, Fürst von Kaunitz stammte aus einem altgräflichen Geschlechte her, und wurde 1711 zu Wien geboren. Seiner ersten Bestimmung nach sollte er sich dem geistlichen Stande widmen; allein er bildete sich nachher zum Staatsmann, studirte zu Wien und Leipzig, und wurde schon im Jahre 1735 zum Reichs-Hofrath ernannt. Die abgelegten Proben seiner gründlichen Kenntnisse und seiner unermüdeten Thätigkeit bewogen die Kaiserin Maria Theresia, ihm verschiedene Gesandtschaftsposten anzuvertrauen, und im Jahre 1753 das wichtige Amt eines Hof- und Staatskanzlers zu übertragen. Kaiser Franz I. erhob ihn sogar 1764 in Reichsfürsten-Stand, und schenkte ihm ein gleiches Zutrauen, wie seine Gemahlin Maria Theresia. Kaunitz wurde nun für den Oestreichischen Hof äußerst wichtig; er leitete nicht nur alle auswärtige Geschäfte, sondern ordnete auch alle wichtige innere Einrichtungen an. Das Steuerwesen, die Landesökonomie und alle übrigen Zweige der Staatsverwaltung wurden entweder von ihm verbessert oder ganz neu eingerichtet. Seine Sorgfalt erstreckte sich auch auf das Gebiet der Wissenschaften, und mehrere Akademien in Italien und den Niederlanden verehren in ihm ihren Stifter. Unter der Regierung Josephs II. und seiner Nachfolger verlor er zwar viel von seinem Einflusse; allein der Erfolg zeigte, daß man seine Rathschläge sehr oft zur Unzeit verworfen hatte. Feste Anhänglichkeit an den kaiserlichen Hof, Gerechtigkeitsliebe, Klugheit und Mäßigung in der Verwaltung der Geschäfte, und ein herablassendes Betragen gegen die niedern Stände haben ihm selbst seine Feinde nicht absprechen können, ob man ihn gleich, vielleicht nicht ohne Grund, einer zu steifen Anhänglichkeit an einmahl gefaßte Grundsätze und einer zu kleinlichen Ordnungsliebe, welche sich sogar bis [301] zu einer ängstlichen Wahl in seiner Kleidung erstreckte, beschuldigt hat. Er starb am 27. Juni 1794 an Entkräftung, als der unausbleiblichen Folge seines hohen Alters, und genoß bis auf den letzten Augenblick seines Lebens die persönliche Achtung des kaiserlichen Hauses.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 301-302.
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