Die Calottisten

[172] Die Calottisten (oder das Regiment der Calotte, regiment de la Calotte) waren eine Gesellschaft, welche zu Paris in den letzten Regierungsjahren Ludwigs XIV. entstand, und den abentheuerlichen Einfall hatte, ein Regiment unter dem Namen la Calotte – eine Plattmütze, welche man einem, der sich über Kopfschmerzen beklagte, aufzusetzen im Scherz gerathen hatte, und woraus sich dann eben[172] jener bizarre Einfall entspann – zu errichten, und darin alle aufzunehmen, welche durch sinnloses, lächerliches Betragen, durch bizarren Charakter, tolle Meinungen u. s. w. den öffentlichen Tadel sich zuziehen würden. Sie hatten besondere Wappen, worin der Scepter des Momus, ferner Schellen, Affen, Klappern etc. sich befanden, und in der Hauptfahne standen die Worte: Favet Momus, luna insluit. Allen, die sich durch eine ausschweifende Handlung auszeichneten, wurde ein Patent zugeschickt, und obgleich manche dieses sehr übel aufnahmen, so wurden sie dennoch – ausgelacht. Als der Oberste dieser Calottisten, Torsae, gestorben war, und die Leichenrede (eine sinnreiche Kritik des akademischen Stils), welche die Calottisten auf ihn hielten, confiscirt wurde, lief der Garde-Oberste Aimon zum Marschall von Villars, beklagte sich, und setzte am Ende hinzu: »Monseigneur! Seit Alexanders und Cäsars Tode haben die Calottisten keinen andern Beschützer als Sie« – und die Confiscation wurde aufgehoben. Indessen wurden diese Herren doch zu übermüthig, indem sie Minister und selbst fremde Könige angriffen, und das Regiment nahm bald wieder ein Ende. Es ist übrigens dieser Gesellschaft außer dem, was Flögel in s. treflichen Geschichte des Groteskekomischen daruber angeführt hat, blos erst wieder in der schätzbaren Monatsschrift des Hrn. von Archenholz, Minerva (1807. April), aus welcher dieser Artikel entlehnt ist, erwähnt worden; allein sie ist als Zeichen der Zeit immer merkwürdig genug, um hier aufgeführt zu werden.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 172-173.
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