Hippolytus

[453] Hippolytus, ein Sohn des Theseus und der Antiope. Theseus heirathete nachher die Phädra, eine Tochter des Minos, und aus Furcht, daß Hippolyt auf die Kinder der Phädra als Stiefgeschwister neidisch werden möchte, übergab er ihn dem König Pittheus von Trözen zur Erziehung. Als einst Phädra ihren Gemahl auf einer Reise begleitete, ward sie Hippolytus, ohne ihn zu kennen, gewahr, und verliebte sich in ihn; sie entdeckte dem Hippolyt ihre Liebe, und da dieser sie nicht begünstigte, so erhenkte sie sich. In ihrer Hand fand Theseus einen Zettel, worin sie (aus Rache unerhörter Liebe) den Hippolyt fälschlich anklagte, als ob er ihr ungebührende Liebe zugemuthet und sie genöthiget habe, sich selbst das Leben zu nehmen. Theseus darüber höchlich entrüstet, bat den Neptun, ihm seinen Wunsch um Rache gegen den von ihm verfluchten Sohn unbedingt zu erfüllen. Sein Wunsch wurde erhört; denn als Hippolyt mit seinem Wagen am Ufer des Meeres fuhr, erhob sich auf Neptuns Befehl ein schreckliches Ungeheuer aus dem Meere, die Pferde wurden scheu, rissen wüthend den Wagen fort, schleiften den Unglücklichen ein Stück fort und zerschmetterten ihn an einem Felsen. – Nach andern jedoch verläumdete [453] Phädra, noch lebend, den Hippolyt, vernahm das fürchterliche Ende desselben, und brächte sich erst dann ums Leben, nachdem sie dem Theseus die Unschuld des Jünglings entdeckt hatte. Bekanntermaßen gab diese Geschichte ältern und neuern Tragikern, einem Euripides und Seneka, so wie einem Racine Stoff zu Trauerspielen, welches letztere an dem großen Schiller einen treflichen Uebersetzer gefunden hat. Noch setzt die Fabel hinzu: Aesculap habe den Hippolyt wieder lebendig gemacht, und Diana ihn darauf in einen Greis verwandelt, worauf sie ihn in den Hain bei Aricia in Italien gesetzt habe, und er unter dem Namen Virbius göttlich verehrt worden sei.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 7. Amsterdam 1809, S. 453-454.
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