Johann Christoph Rost

[328] Johann Christoph Rost, geb. zu Leipzig 1717, war der Sohn des Küsters an der Thomaskirche daselbst, und studirte eigentlich die Rechtswissenschaft, beschäftigte sich aber bei seinen glücklichen Talenten und bei der Lebhaftigkeit seines Geistes auch noch mit den schönen Wissenschaften und vorzüglich der Dichtkunst. [328] Die Liebe zu der letztern brachte ihn Gottscheden – dem damaligen Orakel in Sachen des Geschmacks – näher; aber er lernte auch bald das Wäßrige in den Poesieen seines Lehrers einsehen, und verfolgte nun seinen eignen Weg. Ein damals noch unbebautes Feld, Schäferpoesie, war es hauptsächlich, worin er sich mit vielem Glück versuchte: in Berlin, wohin er 1742 ging, kamen zuerst seine Schäfererzählungen, und bald nachher wieder zu Leipzig sein Schäferdrama: die gelernte Liebe, heraus. Nun aber ging er zur Satire über, und die erste Gelegenheit, sich darin zu zeigen, gab ihm – sein eigner Lehrer Gottsched. Dieser hatte damals (seit 1739) die bekannten Zwistigkeiten mit der Theaterprincipalin Neuberin, mit welcher er vorher so gemeinschaftlich zur Reformation der deutschen Bühne hingearbeitet hatte, jetzt aber, wegen beleidigter Eitelkeit seiner schriftstellerischen Gattin, jene auf alle Art herabzusezzen suchte. Die Neuberin that nun ein Gleiches, um Gottsched vom Theater herab lächerlich zu machen: besonders that sie dies in einem Vorspiel, wo Gottsched sogar in Person, wenn auch nicht namentlich, aufgeführt, und das Stück, zumal da Gottsched es, wiewol vergebens, zu unterdrücken gesucht hatte, mit großem Beifall wiederholt, zugleich aber auch aller Einfluß Gottscheds auf das Theater dadurch auf einmal vernichtet wurde. Auf diesen Vorfall nun schrieb Rost eine witzige Satire: das Vorspiel in 5 Gesängen, wodurch Gottsched ganz dem Gelächter und dem Spott preis gegeben wurde. Rost ging nun abermals nach Berlin und schrieb die hiesige politische Zeitung, kehrte aber doch nach einem Jahre wieder zurück, und ward dann beim Grafen von Brühl im Jahre 1744 Sekretair und Bibliothekar. Noch hatten seine Geiselungen über Gottsched kein Ende, da dieser als Kritiker über die damals von der Kochischen Gesellschaft in Leipzig aufgeführte Weißische Operette: der Teufel ist los, seinen ganzen Eifer in einem schlecht geschriebenen französischen Briefe an den Maitre des Plaisirs ausgoß, und Rost nun (1753) ein Schreiben des Teufels an Herrn G., Kunstrichter der Leipziger Bühne, in Knittelversen drucken ließ, das denn [329] nun Gottsched aufs höchste mitnahm, und worunter Verse wie folgende;

Zweierlei wird Er hier auf Erden

Gelehrt und klug wol niemals werden. – noch zu den gelindesten mit gehörten. Rost erhielt zuletzt im Jahre 1760 das Amt als Obersteuersekretair zu Dresden, erwarb sich durch Einsicht, Treue und Ordnung die Hochachtung Aller und starb 1765 im 48. Jahre. – Seine Schäfermuße wird der Geßnerschen an Unschuld und sanfter Empfindung nachgesetzt: in seinen Erzählungen sind Witz, naiver Scherz, schalkhafte Einfälle, fließende Versification etc. besondere Vorzüge. Von seinen nicht zahlreichen schriftstellerischen Arbeiten sind noch außer den schon erwähnten Schäfererzählungen, dem Vorspiel, der Epistel des Teufels, vorzüglich die schöne Nacht (Berl. 1763), freilich zu frei und muthwillig, dann Briefe (1766 herausgekommen), so wie mehrere Lieder und Gedichte bekannt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 328-330.
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