[57] Julien Offroi de la Mettrie, ein medicinischer Charlatan, Freigeist und zügelloser Spötter, den Friedrich der Einzige, aus bekannter Vorliebe gegen die Franzosen, weit höher schätzte als er verdiente und ihn dadurch, vielleicht auf einige Jahre länger, der Vergessenheit entriß, die er als Mensch und Schriftsteller verdient. Zu St. Malo in Bretagne 1709 geboren, studirte er in Holland unter Boerhave und wurde nach seiner Rückkunft Arzt des Herzogs von Grammont. Da er als Arzt keinen großen Namen sich erwerben konnte, so suchte er dies durch Verbreitung des Materialismus (s. Realismus unter b) zu thun. Durch eine, jetzt äußerst seltene, Satire: Machiavel en medicine, brachte er alle Pariser Aerzte gegen sich auf und mußte nach dem Tode des Herzogs von Grammont, seines bisherigen Beschützers, Frankreich verlassen. Er floh nach Holland, wo er sein am meisten berüchtigtes Werk: Lʼhomme machine (worin er zu beweisen sucht, daß der Mensch eine bloße Maschine sei) bekannt machte. Da man aber hier diese Schrift verbrannte, so wie schon vorher seiner histoire naturelle de lʼame in Paris, auf Befehl des Parlamentes, durch den Scharfrichter gleiche Ehre wiederfahren war; so floh er 1748 nach Berlin, wo ihn Friedrich zu seinem Vorleser und zum Mitglied der Berliner Academie der Wissenschaften ernannte. Doch bald ward [57] er sein eignes medicinisches Opfer. Er wollte eine Unverdaulichkeit, die er sich durch seine unmäßigen Schwelgereien zugezogen hatte, durch wiederholte Aderlässe heilen, beförderte aber durch diese in wenigen Tagen 1751 seinen Tod. Friedrich widmete ihm eine Lobschrift, in der er ihn einen aufgeklärten Philosophen, einen gelehrten Arzt und einen rechtschaffenen Mann nannte. Allein ganz entgegen gesetzt fiel über ihn die öffentliche Meinung und die Stimme der Kritik über seine Schriften aus, welche letztere doch nicht verhindern konnte, daß seine erborgten Grundsätze des Materialismus einige Jahrzehend später, in dem berüchtigten Systeme de la nature – von dem aber la Metrie nicht Verfasser war – von neuem verbreitet wurden.