Manlius

[13] Manlius: ein Name, der in der römischen Geschichte sich sehr oft merkwürdig gemacht hat. Wir begnügen uns folgende anzuführen: 1) M. Manlius Capitolinus, im J. R. 361 Consul: Er war er, welcher bei dem Versuch der Gallier, das Capitol zu ersteigen, durch den Lärm der Gänse erweckt, zuerst auf die Mauer sprang, zwei Gallier, die schon oben waren, hinabstürzte, und so durch Verjagung der Gallier das Capitol rettete (s. den Art. Brennus i. d. Nachtr.) Zur Belohnung ward ihm nachher ein Haus auf dem Capitol gegeben. Dennoch befleckte dieser Manlius seinen Ruhm durch Verrätherei gegen den Staat, worin er der höchsten Gewalt sich zu bemächtigen strebte. Durch Schmähreden gegen den Adel und die Reichen, suchte er sich beim Volke beliebt zu machen, und verkaufte am Ende sogar einige Ländereien, um das gelöste Geld für Schuldner aus dem Volke anzuwenden. Er gab überdies den Patriciern Unterschleif und Vergrabung des für die Gallier bestimmt gewesenen Goldes Schuld, wurde aber, da er, vom Dictator deshalb vor den Richterstuhl gefordert, dies nicht beweisen konnte, ins Gefängniß geführt. Das Volk dadurch aufs höchste gebracht, erzwang seine Wiederloslassung, und Manlius stellte sich jetzt an die Spitze der Mißvergnügten. Lange deliberirte der aufs äußerste gebrachte Senat über die Mittel, diesen Unruhen abzuhelfen. Man beschloß endlich die öffentliche Anklage des Manlius in den Comitien. Aber eben so lange blieb jetzt das Volk, von dem Angeklagten ganz [13] eingenommen, unschlüßig, und das Endurtheil verschob sich immer weiter und weiter; bis endlich dennoch (im J. R. 370) Manlius verurtheilt wurde, vom Felsen des Capitols herabgestürzt zu werden: dies wurde sogleich vollzogen, sein Haus geschleift und der Beschluß gefaßt, daß künftig kein Patricier mehr auf dem Capitol wohnen sollte. – 2) T. Manlius Torquatus, berühmt wegen seiner Tapferkeit sowohl als wegen seiner väterlichen Strenge. Jene zeigte er schon jung in einem Kriege mit den Galliern. Beide Heere waren an den Ufern des Anio gelagert: da trat ein riesenförmiger Gallier auf die Brücke und foderte einen Römer zum Zweikampf heraus. Da sich niemand auf diese Foderung stellen wollte, trat endlich Manlius hervor, rüstete sich, gieng dem Gallier entgegen, und erlegte ihn durch sehr geschickte Wendungen. Nachdem er ihm den Kopf abgehauen und die goldene Kette vom Halse abgenommen hatte (wovon er eben den Namen Torquatus erhielt,) wurden die Feinde so muthlos, daß sie die folgende Nacht ihr Lager verließen. Mehrere Mal in der Folge zum Dictator erwählt, setzte schon sein Ruf die Feinde so in Schrecken, daß sie sogleich um Frieden baten. Den Beweis seiner furchtbaren Strenge selbst gegen seinen Sohn gab er, zum zweiten Male Consul, in einem der folgenden Kriege wider die Lateiner. Beide Armeen standen in Campanien, am Fuße des Vesuv, einander gegenüber. Kein Römer, so lautete der ausdrückliche Befehl des Manlius, sollte ohne besonderes Geheiß sich mit dem Feinde in ein Gefecht einlassen. Unglücklicherweise stieß der eigne Sohn des Manlius beim Recognosciren auf einen feindlichen Trupp, wurde von dem Anführer herausgefodert, und als junger feuriger ehrgeitziger Mann, ließ er sich in einen Zweikampf ein. Zwar fiel dieser glücklich für ihn aus, triumphirend kehrte der Sohn zum Vater zurück; allein dieser gab ihm in Gegenwart des Heeres einen sehr ernsten Verweis wegen seines Ungehorsams, krönte ihn erst als Ueberwinder, befahl aber dann dem Lictor, ihn – mit dem Schwerte hinzurichten! Keiner wagte es, so sehr auch diese Strenge das ganze Heer empörte, zu widersprechen. Das Blut des Jünglings floß, [14] und die furchtbare Strenge des Richters, der den Vater so ganz verleugnete, wirkte allerdings so auf die Armee, daß sie kurz darauf einen der wichtigsten Siege erfocht.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 13-15.
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