Paris [2]

[204] Parīs, Frankreichs Hauptstadt und Residenz des französischen Kaisers, an der Seine gelegen, in länglich runder Gestalt, fast im Durchschnitt 2 franz. Meilen (Stunden), im Umfange nebst den Vorstädten 8 franz. Meilen. – Es bedarf wol keiner weitläufigen Versicherung, daß seit den Ereignissen der neuern Zeit diese Stadt eine außerordentliche Umwandlung erlitten hat; und man kann den Versicherungen der meisten Reisenden recht gern Glauben beimessen, daß sie jetzt kaum mehr zu erkennen sei. Es würde die Grenzen unsers Werks weit übersteigen, alle die Sehenswürdigkeiten, die diese Stadt – unstreitig eine der größten und merkwürdigsten von Europa – so sehr auszeichnen, aufzuführen: eine kurze Andeutung mag jene Stelle vertreten.

Von Paris, welches überhaupt aus 3 Haupttheilen besteht, la Ville, la Cité und lʼUniversité ist wol das Erste, was eines jeden Neugier reitzt, die Residenz des Kaisers, der Pallast der Tuilerien. Dieses Schloß, von einer ehemaligen Ziegelbrennerei so benannt, von Catharina von Medicis 1564. angelegt, hat in der neusten Zeit an Verschönerung außerordentlich gewonnen. Unter zwei Façaden, aus 5 Pavillons und 4 Hauptgebäuden bestehend, ragt der große Mittelpavillon, auf welchem die Flagge mit kaiserlichem Wappen weht, über die andern hervor. Vor dem Pallast wird der Caroussel-Platz, von jenem durch ein hohes Gitter getrennt, und durch Niederreißen mehrerer Gebäude noch mehr vergrößert, vorzüglich durch den Triumphbogen, der das Mittelthor des Eingangs in den Hof der Tuilerien bildet, geziert, über dessen Haupteingang Napoleons Statüe, vom Siege gekrönt, aufgestellt ist. Der Pallast selbst enthält die prächtigsten Säle, den Marschallsaal, den Thronsaal, die große Gallerie der Diana etc. Mit dem Caroussel-Platz ist [204] der prächtige Garten verbunden, hinter diesem ein schöner aus 3 Alleen bestehender Spaziergang, neben ihm die Elysäischen Felder. Mit dem Pallast der Tuilerien steht der Louvre, dieser ehemals königliche Pallast und der Gegenstand besondrer Vorliebe der Franzosen, durch eine Gallerie in Verbindung. Im 8ten Jahrhundert gegründet, und unter mehreren Königen, besonders von Ludwig XIV. fortgebaut, blieb dies stolze Denkmal der Pracht des letztgenannten Königs verlassen, bis Napoleon es zu vollenden, und zugleich für die Zukunft zum Triumphdenkmale der französ. Nation zu bestimmen, beschloß. Dies merkwürdige Gebäude, dessen Façade 697 Toisen lang ist, dessen Colonade, eins der schönsten und imposantesten Meisterwerke der Baukunst, trotz der ihm vorgeworfenen Fehler, an Erhabenheit und edler Einfachheit fast alles in der Art übertrist, enthält als National-Institut alle großen Schätze der Kunst und Literatur: die Gemäldesammlung aus allen Schulen in der 1000 Fuß langen großen Galerie; das Museum der Antiken (die Meisterstücke des Alterthums in der Bildhauerkunst: die berühmten Statüen des Laokoon, des Apollo von Belvedere, der Mediceischen Venus, den Torso etc.) in 8 fortlaufenden Sälen – unter ihr die Kostbarkeiten der Krone; ferner die große Bibliothek, das Medaillen-Cabinet (unter Aufsicht des berühmten Denon) mit den Stempeln aller in Frankreich seit den ältesten Zeiten bis jetzt geprägten Münzen; die Kupferstiche, den großen Maschinen-Vorrath u. s. w. – Der Palast Bourbon (ehemals zu Empfang und Bewirthung der fremden Gesandten vom ersten Range bestimmt), jetzt der Sitz des gesetzgebenden Corps, mit einem äußerst schönen, durch Spiegelscheiben erleuchteten Saale zu den Sitzungen; zugleich auch befinden sich hier das Staatsarchiv und die école polyteclinique, wo 300 Eleven im Zeichnen, in der Mathematik, Physik, Chemie etc. auf öffentliche Kosten unterrichtet und militairisch erzogen werden. – Das Palais Luxembourg, von Maria von Medicis erbaut, und nach dem Louvre das größte in Paris, mit einem reichhaltigen, in mehreren Sälen befindlichen, Museum von Gemälden und Bildhauerarbeiten, auch mit einem prächtigen Garten. In der[205] Revolution hatte hier das Directorium seinen Sitz, jetzt ist es der Versammlungsort vom Senat Conservateur und hat einige prächtige Säle zur Versammlung und den Sitzungen dieses Collegiums. – Das Palais Royal, ehedem Hotel de Richelieu, jetzt der Sitz des Tribunats, das mit seiner ausgezeichnet berühmten, ehedem aus 3 Galerien bestehenden Gemäldesammlung dem Herzog von Orleans gehorte (Palais Egalité in der Revolutionszeit) und jetzt, mit dem neuen Garten und mit Galerien, (wo sich Magazine, Restaurateurs, Spielhäuser, selbst kleine Theater befinden) und Boutiquen umgeben, als beliebter Spazierplatz sehr besucht wird. – Der Gerichtspalast (Palais de Justice) in der Cite gelegen, wo das Cassations-Appellations-Criminaljustiz-Collegium befindlich, mit großem prächtigen Saal, dessen Gewölbe (Conciergerie) zum Gefängniß für Criminal-Verbrecher dienen. – Der Temple (das ehemalige Haus der Tempelherren), eins der ältesten Gebäude von Paris, im Jahr 1200 erbaut, hatte während der Revolution eine leider! nur gar zu traurige Wichtigkeit, als Gefängniß des unglücklichen Ludwigs XVI. erhalten, so wie es denn auch jetzt noch zum Staatsgefängniß dient. Wir erwähnen nur noch als vorzügliche öffentliche Gebäude: das Stadthaus; das Hotel der Invaliden (1670 angelegt) mit seinen weitläufigen prächtigen Gebäuden, einer auf 20,000 Bände starken Bibliothek und einer schönen Kirche, worin Türennes Leichnam und sein trefliches Mausoleum, so wie diesem gegen über das vom Kaiser zu Ehren Vaubans errichtete Monument, aus einer egyptischen Säule von grauem Marmor bestehend, ferner überm Hochaltar der Degen, das Rohr und die Schärpe Friedrichs des Einzigen, endlich in dem Dom der Kirche die während des Revolut. Kriegs eroberten Fahnen sich befinden; die Hallen (für Getraide- und Mehlverkauf); das Arsenal zugleich mit einer Glockengieserei; den schönen Münzhof; das prächtige Gebäude der Schule der Chirurgie, von Ludwig XVI. angelegt. Ferner gehören noch zu den schönsten Gebäuden das Hotel der Ehrenlegion und der Palast des Vicekönigs von Italien, beide in der Straße de Lille. – Die königl. Kriegsschule [206] für 500 Edelleute, welche ausgezeichnet schöne Gebäude, Kirche und Spaziergänge hatte, ist jetzt eingegangen und die Stiftung größtentheils zum Prytaneum (von welchem nachher) gezogen worden. Eben so kann die zu Anfange der Revolution 1789 zerstörte Bastille (s. d. Art. I. 129) nur noch als ehemals merkwürdig aufgeführt werden.

In Rücksicht der Kirchen, deren man nebst Capellen u. d. g. 300 zählt (mit Inbegrif von 3 den Protestanten bestimmten Kirchen und 6 den Juden gehörigen Synagogen) zeichnen sich vorzüglich die Metropolitan- oder Cathedral-Kirche U. L. F. (notre Dame) fast mitten in der Citeʼ gelegen, mit ihren beiden ungeheuer großen Thürmen, 4 Pfeiler-Reihen, 45 Capellen und den treslichsten Gemälden und Monumenten aus. (Neuerlich sind hier die bei Austerlitz eroberten Fahnen als Trophäen aufgestellt.) In diesem Tempel wurde Napoleon 1804 als erster Kaiser der Franzosen vom Papst gesalbt und gekrönt. Der Erzbischof, welcher gleich neben der Kirche in einem Pallast residirte, hatte, außer 200,000 Livr. Einkünften, zugleich die Würde eines Herzogs von St. Cloud und Pairs von Frankreich, – Vorzüge, welche die Revolution gänzlich vernichtete: jetzt steht blos das Departement der Seine unter bischöflicher Aufsicht. Die Kirche zu St. Roch, in korinthischer und dorischer Ordnung gebaut, enthielt die Grabmäler vieler berühmten Männer, z. B. das von P. Corneille: sie sind aber zerstört. Die unvollendete Magdalenen-Kirche in Gestalt eines Kreuzes (der Magdalenen Kirchhof, in der Revolution der Begräbnißplatz der aufm Eintrachtsplatz guillotinirten Schlachtopfer, ist jetzt in einen Garten verwandelt.) Die Kirche zu St. Sulpice (Vorstadt St. Germain) mit einem herrlichen Portal und merkwürdig durch die künstliche Wendeltreppe; auf der einen Thurmspitze ein Telegraph. Die Kirche der heil. Genoveva (der Schutzpatronin von Paris), ein Meisterstück der Baukunst, wo die Gebeine dieser Heiligen in einem vergoldeten Kasten, und die Grabmäler Clodwigs und des Cartes sich befinden, und wohin zu der Zeit der Revolution die Denkmäler großer Männer, eines Mirabeau, Rousseau, Voltaire etc. kommen sollten, daher sie [207] auch den Namen Pantheon (s. d. A.) damals erhielt; jetzt zum Begräbniß der Reichsmarschälle, Senatoren etc. bestimmt – vieler übrigen, eben auch merkwürdigen, zu geschweigen.

Zu den öffentlichen und bedeutendsten Plätzen rechnet man mit Recht: den schönen, von breiten Kanälen umgebenen, Ein trachtsplatz (Place de la concorde – sonst Louis XV) wo Ludwig XVI. mit seiner Gemalin hingeopfert wurde; das Marsfeld (Camp de Mars), diesen ungeheuern Circus, welcher beinahe die Volksmenge von Paris fassen kann; den Siegesplatz (pl. des victoires) wo das Monument des General Desaix steht; pl. dʼHenri IV.; den Platz Vendome, wo eine Säule die Namen tapfrer Krieger enthält; la Greve, den Hinrichtungsplatz, wo zur Zeit der Revolution die Guillotine in so fürchterlicher Thätigkeit war, u. a. m. Die prächtigen Triumphbögen an den Thoren von St. Denis, St. Martin, Antoine, Bernhard etc. verdienen nach den oben schon gedachten Triumphbögen Napoleons auch Erwähnung. Die in ihrer Art gewiß einzige neue Brücke (pont neuf), zwischen der Cité und lʼUniversité beinahe mitten in Paris gelegen, und eine der vorzüglichsten Communicationen zwischen beiden Ufern der Seine, dieser Tummelplatz alles Gewühls und Treibens von ganz Paris – Mercier neunt sie für Paris das, was das Herz im menschlichen Körper, den Mittelpunkt des Umlaufs und der Bewegung – ist 170 Toisen (510 Ellen) lang und 12 breit; an beiden Seiten sind für die Fußgänger erhabenere Pflaster; das steinerne Geländer hat 20 halbmondförmige Vorsprünge, worin Buden für allerhand Verkäufer angebracht sind. Dieser pont neuf, 1578 angefangen und 1604 beendiget, hatte besonders 2 trefliche Kunstdenkmäler, nemlich die Bildsäule Heinrichs IV. (1635 errichtet) und die große Wasserkunst, la Samaritaine, welche durch Pumpen das Wasser nach dem Louvre, Tuileriegarten und Palais royal treibt: allein beide sind durch die Stürme der Revolution, jenes ganz verschwunden und dieses höchst unscheinbar gemacht. Die königliche, in der Folge Revolutions-Brücke genannt, verdient theils ihrer festen Bauart, theils ihrer treflichen Aussicht wegen, so wie die 1772 [208] vollendete Brücke von Neuilly, endlich auch die 1787 angelegte, aus 5 künstlichen, kühnen Bogen bestehende Eintrachtsbrücke (pont de la concorde) besondre Erwähnung.

Unter den öffentlichen großen Lehranstalten nimmt die Universität den ersten Platz ein. Zuvor bestand diese, unter Ludwig VII. im 12ten Jahrh. gestiftet, und unter Heinrich IV. verbessert, aus 4 Facultäten, wovon die theologische, die berühmte Sorbonne (s. d. A.) ganz vorzügliche Vorrechte und Einkünfte hatte. Allein in der Revolution fand sie, so wie viele Universitäten Frankreichs, ihr Ende, und erst zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts traten mehrere Bildungsanstalten an ihre Stelle: so das National-Institut, mehrere Schulen, als der Jurisprudenz, Medicin etc. einzelne Gesellschaften, als des Ackerbaues, der Alterthümer u. s. w. bis endlich durch ein Decret vom 17. März 1808 eine kaiserliche Universität zu Paris angeordnet wurde, welcher – freilich unter großer Abweichung von den zeitherigen Begriffen einer Universität – der öffentliche Unterricht im ganzen Reiche anvertraut ist. Jede Unterrichtsanstalt muß von ihr durch ein besondres Diplom privilegirr sein und jeder Lehrer einen Grad bei der Universität haben. Diese, unter ihrem Oberhaupte, Grosmeister benannt, besteht denn nun aus so vielen Akademieen, als es Appellationsgerichte giebt und zwar in folgender Ordnung: 1) die Facultäten (für höhere Wissenschaften und Uebertragung der Grade: ihrer sind fünf; 2) Lyceen für die alten Sprachen, Geschichte, Logik etc. ihrer sind jetzt 45, in welchen die Regierung 6300 Zöglinge unterhält; 3) Collegien (Secundairschulen der Gemeinden) für die Elemente der alten Sprachen und die ersten Grundsätze der Geschichte und Wissenschaften; 4) Privatinstitute, deren Unterricht sich dem der Collegien nähert; 5) Primairschulen, wo Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt wird. – Zu den öffentlichen Anstalten rechne ich auch den für den Staat sehr bemerkenswerthen Haupttelegraph (s. Telegraph, VI. 79 fg.) welcher in Verbindung mit denen zu Brest, Lille, Strasburg etc. steht. Ferner gehören dahin die schon beim Louvre erwähnte kaiserliche [209] (vordem königl. und dann National-) Bibliothek, welche seit dem Revolutions-Kriege aus Italien und andern Ländern Europens mit den seltensten Manuscripten (z. B. auch den aus dem Vatikan) und Werken bereichert und dadurch eine der zahlreichsten – sie besteht aus mehr denn 350,000 Bänden – und wichtigsten ward; das Längenbüreau (b. de longitudes) eine der berühmtesten Anstalten dieser Art in Europa; die Sternwarte; das Museum der Naturgeschichte mit einem reichen botanischen Garten und der Menagerie von fremden Thieren u. s. w. Endlich rechne ich noch zu den wichtigsten öffentlichen Anstalten das für Musik so bedeutende Consexvatorium (s. dies. Art. i. Nachtr.); das Prytaneum (ebens. i. d. N.); das Museum der franz. Denkmäler, von Lenoir gestiftet, welcher die treflichsten Monumente aus den Kirchen und Klöstern in und um Paris der Volkswuth entriß, und sie in dem Kloster des petits Augustins, Vorstadt St. Germain, aufstellte; das Conservatorium der Künste und Handwerker (im vormaligen Kloster St. Martin), welches in mehreren großen Sälen die Modelle aller mechanischen und künstlerischen Instrumente enthält; das Institut für Taubstumme (s. Th. VI. S. 74.); das nicht minder wohlthätige Institut für 300 Blinde (hôtel de quinze-vingt) an dessen Spitze Hany steht, und in welchem jetzt 420 Blinde unterhalten werden; das große hospice de lʼhumanité, welches bisweilen jährlich an 30,000 Kranke aufnahm; die beiden Hospitals: Bicetre fürs männliche und Salpetriere fürs weibliche Geschlecht, in welchem letztern auf 4000 Personen von den barmherzigen Schwestern gepflegt werden; die Kuhpockenimpfungsanstalt; endlich auch noch die Morne, ein Gebäude, dicht am Ufer der Seine, mit großen bis an die Erde reichenden Fenstern, wo mehrere Tage hindurch die Leichen Verunglückter ausgestellt werden, damit ihre Angehörigen sie hier aufsuchen können.

Die Theater, – einer der wichtigsten Gegenstände für die Pariser – sind seit 1806 auf Acht an der Zahl eingeschränkt worden, und zwar 4 große und 4 kleinere. Zu den großen gehören: 1) das Theater françois – wo ein Talma, und vor einigen Jahren die [210] Duchesnois und George glänzten; 2) die große Oper, jetzt kaiserl. musikalische Akademie, ehedem durch die berühmtesten Künstler, durch Decorationen, Maschinerien, durch Orchester, und Ballets so sehr ausgezeichnet, jetzt aber etwas davon zurückgekommen, obgleich Orchester und besonders Ballets durch Vestris, Duport, Mad. Gardel etc. noch große Bewunderung auf sich ziehen; 3) Theater Feydeau (komische Oper) durch Ellevion, Mad. St. Aubin u. m. sehr erhoben; 4) Th. der Kaiserin (sonst Th. Louvois) von dem ältern Picard dirigirt, auch mit der, jetzt ziemlich mittelmäßigen Opera buffa abwechselnd. – Die kleineren Theater: 5) das Vaudeville-Theater, eins der anziehendsten Pariser Schauspielhäuser, auf welchem kleinere Stücke mit Liedern nach bekannten Gesangsweisen gegeben werden; 6) Th. des Varietés (sonst Montansier) vorher im Palais royal, jetzt auf den Boulevards, wo Brünet als vorzuglicher Komiker glänzt; 7) Th. des jeunes Eleves. 8) Th. Ambigu Comique.

Von Manufakturen, deren es sehr wichtige zu Paris giebt, nenne ich hier die Tapetenfabrik der Gobelins (s. d. A. i. d. N.). die Savonneriefabrik (von morgenländischen Tapeten), die große Spiegelfabrik (in der Vorstadt St. Antoine), ferner die musivische Kunstwerkstätte, die treflichen Buchdruckereien, ohne die vielen Porcellain- Uhren- Spitzen-Gold- und Silberfabriken etc. zu verschweigen.

An sich selbst ist Paris, obgleich an der Seine und zum Handel gut gelegen, zwar keine Handelsstadt; aber doch sind die Gewerbe hier außerordentlich groß und es ist selbst neuerlich zur Beförderung der Handlung und des Staatscredits eine Nationalbank errichtet worden.

Paris – dessen Bewohner seit 1799. in 12 Arrondissements oder Mairien und diese in 48 Divisionen abgetheilt, übrigens in ihrer Communication unter einander selbst durch die vielen (an 3000) Fiacres und (auf 2000) Cabriolets, welche unter besondrer Polizei-Aufsicht stehen, sehr befördert werden – hat eine Anzahl von 875 Straßen, in denen 24, – 25,000 Häuser gezählt werden. Das Ganze ist von den sogenannten [211] Boulevards (Bollwerken, Vormauern) umgeben, die wegen der schönen Alleen und anderer Vergnügungsörter sehr angenehme Promenaden abgeben und nach den verschiedenen Theilen der Stadt, die sie durchschneiden, auch den Namen erhalten. Die Volksmenge, so verschieden auch ihre Angabe lautet, beläuft sich nach einer richtigen Angabe nicht höher als auf 550,000 Seelen, von denen nur ein kleiner Theil durch Quellen und künstliche Wasserwerke mit dem nöthigen Trinkwasser versehen werden kann – die von Perrier erfundene, durch Feuer getriebene Pumpe Chaillot, welche aus 2 ungeheuren Dampfmaschinen besteht, versieht eine große Anzahl Brunnen mit Wasser – dagegen der größte Theil das Wasser der Seine, welches erst filtrirt wird, trinken muß: ein Uebelstand, dem man neuerlich durch mehrere Kanäle und Wasserleitungen auf alle Art abzuhelfen, bedacht ist. Bekannt sind auch in dieser Hinsicht die Wasserträger (meistens Savoyarden) welche auf Karren das aus der Seine oder auch aus Brunnen geschöpfte Wasser in den Straßen umherfahren und die Bewohner damit versorgen. – Eine große Bequemlichkeit gewähren die Restaurateurs (deren Anzahl sich auf 3000 beläuft, und die in allen Vierteln der Stadt wohnen) indem man hier zu jeder Tageszeit eine gute Mahlzeit halten kann. – Das Klima ist zwar nicht kalt, aber doch meist trübe und regnericht, und ohne zu viel Wärme und Heiterkeit bei sich zu führen.

Die Pariser Polizei ist ein Muster in diesem Zweige der Staatsverwaltung. Der Polizeiminister ist blos dem Kaiser verantwortlich, diesem erstattet er den Bericht über die Vorfälle des vorigen Tages. Bei der unumschränkten Gewalt und den bedeutenden Summen, die er zur freien Disposition hat, wird eben diese Polizeieinrichtung eine der wirksamsten. Zur polizeilichen Sicherheit unterhält die Stadt zwei vollständige Infanterie- und sogar Ein Dragoner-Regiment. Auch gehört hieher das Corps der Pumpenleute, welche, in verschiedene Stadt-Viertel vertheilt, sogleich bei einem ausbrechenden Feuer zum Löschen bereit sind und die thätigste Hülfe leisten.

Zu den Umgebungen von Paris, um ihrer noch [212] mit wenigem zu gedenken, gehören, außer der großen Menge von schönen Landhäusern, Gärten etc. das Wäldchen von Boulogne (bois de B.) ungefähr ½ Stunde von den elisäischen Feldern, welches für die täglichen Lustparthieen der Pariser, wegen der sehr angenehmen Spaziergänge, und da der Park besonders auch zur Parforce-Jagd des Kaisers dient, vieles Interesse hat; die Sommerresidenz des Kaisers St. Cloud, eine Stunde von Paris, in einer reizenden Gegend an der Seine, mit dem prächtigen kaiserlichen Pallaste, in welchem die große Galerie mit Gemälden aus dem Museum Napoleon befindlich, mit der berühmten Orangerie, dem Park etc.; nicht minder Malmaison, eine Privatbesitzung der Kaiserin, äußerst zierlich und geschmackvoll, wo außer den vorzüglichsten Merkwürdigkeiten ein außerordentlich schöner Fußboden von Mosaik, welcher zu Pompeji gefunden worden, erwähnt wird, mit einem treflichen Park, einer Menagerie und Wasserwerken versehen; St. Denis an der Seine, die ehemalige Benedictiner-Abtei mit den Begräbnissen der vormaligen Könige – zu gleichem Behuf nun auch für die kaiserl. Familie bestimmt; Versailles (s. d. A.) und am Ende des Parks desselben Gros- und Klein-Trianon; Ermenonville, in dessen schönem Park Rousseaus Asche auf einer Pappelinsel sich befindet. Auch läßt sich zu den Pariser Umgebungen das, obgleich weiter entfernte, Fontainebleau rechnen, dessen Schloß, nächst Versailles das größte und weitläufigste, sonst das Jagd-Schloß des französischen Hofs und neuerlich auch des Kaisers, noch Spuren des entfernten Zeitalters trägt. Die große ganz getäfelte Galerie der Diana, die Militairschule etc. sind vorzüglich daselbst merkwürdig.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 204-213.
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