Phryne

[241] Phryne, eine der berühmtesten Hetären (s. d. Art. i. d. Nachtr.) Griechenlands, aus Böotien gebürtig, zu Athen. Ihre Schönheit bestach selbst einst die ernsten Richter bei dem Gericht der Heliäa, wo sie von dem Redner Enthias des Atheismus angeklagt worden war. Nachdem ihr Vertheidiger, Hyperides, alle seine Beredsamkeit fruchtlos aufgeboten hatte, nahm er endlich Phrynen bei der Hand, zerriß ihren Schleier, und enthüllte so ihre Reitze. Die Alten – durch solch einen Kunstgriff überrascht und von solchen Reitzen bestochen – sprachen sie frei. Phryne gab auch, wie wenigstens mehrere erzählen, einem Prariteles, [241] einem Apelles das Modell zur Venus Anadyomene. So außerordentliche Bewunderer sie auch hatte, denen sie zum Theil ihre Gunstbezeugungen für den höchsten Preis verkaufte, so fand sie doch an dem Xenocrates (s. d. A.) einen Philosophen, der den gefährlichsten Proben ihrer Verführungskunst, womit sie ihn des Nachts zu überraschen suchte, kalt Widerstand leistete. »Ich komme nicht von einem Manne – antwortete sie, da man sie nach dem Erfolg fragte – sondern von einer Bildsäule.« Als sie selbst noch im Alter ihr Gewerbe fortsetzte, gehörte es zu den Vorzügen eines Atheniensischen Stutzers, sich Phrynens Gunstbezeugungen rühmen zu können.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 241-242.
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