|
[775] I. Heere. (S. Tafeln: Kriegswesen I und II.) Schon die alten Kulturvölker des Orients, Assyrer, Babylonier, Meder und Perser sowie die Ägypter hatten wohlgeordnete Heere aus Fußvolk, Reitern und Wagenkämpfern; aber erst die Griechen haben er verstanden, die Kriegseinrichtungen fortzubilden und die großen Heere der Perser zu schlagen. Das schwer bewaffnete Fußvolk, die Hopliten, bildete den Schwerpunkt. Das erste stehende Heer hatte Sparta, wo jeder vom 20. Jahre an wehrpflichtig war; in der Phalanx lag der Wert des Fußvolks.
In Athen lag der Schwerpunkt in der Flotte, in Thessalien und in Böotien in der Reiterei.
Durch die Römer wurde das antike Heerwesen vollendet. Ihre größte taktische Einheit, die Legion, kämpfte anfangs in der Phalanx, später in drei Treffen (hastati, principes, triarii). Zu ihr gehörten 300 Reiter. Nach dem zweiten Punischen Kriege erschien als neue taktische Einheit die Kohorte, ein Zehntel der Legion. Jeder röm. Bürger vom 17. bis 46 Jahr war dienstpflichtig, die wirkliche Dienstzeit betrug indes höchstens 20 Jahre. Der altgerman. Heerbann, das allgemeine Aufgebot, wurde vom König einberufen und entlassen. Die Stärke lag im Fußvolk mit seiner keilförmigen Schlachtordnung, doch gab es auch Reiter. Später nahmen die grundbesitzenden Freien ihr Besitztum zu Lehen, um sich dem Kriegsdienst zu entziehen. So verdrängten die Ritter das Fußvolk und die Lehns- oder Vasallenheere den Heerbann. Unter Karl VII. begann in Frankreich die Errichtung stehender Heere (1445 Ordonnanzkompagnien, 1448 Freischützen), jedoch meist angeworben. Die Osmanen hatten schon im 14. Jahrh. ein stehendes Heer (Janitscharen) und gewannen mit ihnen die Oberhand über die christl. Sold- und Lehnstruppen.
Nach Einführung der Feuerwaffen traten die zunftmäßig organisierten Landsknechte an Stelle der Ritter, in Italien wichtig unter den Condottieri (Söldnerführer) im 15. Jahrh. Am Schlusse des Mittelalters diente der Adel um Sold; das Heer bestand schon vielfach aus Landeskindern, wurde aber nach dem Friedensschluß wieder entlassen. Mustergültig die span. Heereseinrichtungen sowie die osmanischen. Im Dreißigjähr. Kriege, dem Höhepunkt des Werbesystems, wurde das schwed. Kriegswesen das Vorbild, später das durch Louvois reorganisierte Heer Ludwigs XIV., die stärkste Kriegsmacht Europas. Allmählich wurde überall die Aushebung auf Grund militär. Landeseinteilung eingeführt, die Soldverhältinsse geregelt, Uniformierung durchgeführt, Kasernen gebaut und die Verpflegung aus Staatsmagazinen beschafft. Im 18. Jahrh. trat Preußen durch die treffliche Heeresorganisation Friedrich Wilhelms I. und das Feldherrngenie Friedrichs d. Gr. an die Spitze der europ. Heere.
Ein neuer Abschnitt in der Geschichte des Kriegswesens beginnt mit dem von Carnot 1793 organisierten allgemeinen Aufgebot, der levée en masse, das den Heeren Napoleons das Übergewicht verschaffte. Bei der daraus folgenden Umgestaltung ihrer Heere betrat von allen europ. Staaten nur Preußen eigene Bahnen, indem es auf Scharnhorsts Rat hin die allgemeine Wehrpflicht dauernd einführte und Landwehr und Landsturm schuf. Nach dem Vorbilde des durch die Organisation des Kriegsminister von Roon weiter fortgebildeten siegreichen preuß. Heeres gestalteten alle Großstaaten ihre Heere auf Grund der allgemeinen Wehrpflicht um und vermehrten sie erheblich, so daß sie jetzt im wesentlichen in Ausbildung und Leistungsfähigkeit auf gleicher Höhe stehen, mit Ausnahme des Heeres Großbritanniens, welches ausschließlich durch Werbung ergänzt wird und infolge der im Burenkriege gezeigten Mängel nicht als gleichwertig gelten kann. Das in der Schweiz herrschende Milizsystem scheint sich bei den Verhältnissen des Landes und der Beschränkung auf die Verteidigung zu bewähren.
II. (S. Tafel: Seewesen II.) Eine Kriegsflotte hatten schon die Ägypter (17. Jahrh. v. Chr.), auch die Phönizier bauten schmale Kriegsschiffe mit Rudern, ebenso die Korinther (700 v. Chr.). Nach Thukydides soll die erste Seeschlacht 664 v. Chr. zwischen Korinthern und Korcyräern geliefert worden sein. Themistokles begründete die Seemacht Athens durch den Bau einer Trierenflotte. In den Punischen Kriegen trug die junge Kriegsflotte Roms endlich den Sieg über die altbewährten karthag. Seefahrer davon infolge ihrer Mannszucht und durch die Enterhaken und Enterbrücken. Die von Themistokles eingeführte Rammtaktik (Schlacht bei Salamis, 480 v. Chr.) mit dem Sporn trat wieder in den Hintergrund. In der Schlacht von Actium (31 v. Chr.) hatten die Kriegsschiffe noch eine sehr einfache Artillerie (Katapulte, Ballisten, Türme mit Speerwerfen und Bogenschützen); unter Konstantin d. Gr. kam das Griech. Feuer hinzu.
Im Mittelalter waren namentlich die Normannen durch ihre Wikingerfahrten der Schrecken der Meere. Taktische Formationen unter Segel traten zuerst in der bedeutendsten Schlacht des Mittelalters, bei Sluys 1340 zwischen Engländern und Franzosen, auf. Seit dem waren die größern Kriegsschiffe nur Segelschiffe, zumal diese auch eine günstige Aufstellung der Geschütze in der Breitseite gestatteten, was nach Erfindung des Pulvers schnell in Aufnahme kam. Auch die Kampfweise änderte sich hiermit; der Fernkampf überwog. Man baute Schiffe mit drei Decks übereinander, die Gallionen, die Batterien in mehrern Stockwerken enthielten. Heinrich VIII. schuf eine stehende Kriegsflotte in England; er baute 1515 den Henry-Grace-à-Dieu, ein Linienschiff von 1000 Registertons mit über 100 Geschützen.
Bis zum 17. Jahrh. bestanden die Kriegsflotten nur zum Teil aus Kriegsschiffen, meist aus Kauffahrern mit gemieteter Besatzung und mit Geschützen ausgerüstet. So gehörten zu der Flotte, die Elisabeth 1588 der Armada entgegenstellte, nur 34 der königl. Kriegsmarine an. Vom 17. Jahrh. ab beginnt die Zeit der großen Linienschiffe. Doch benutzte man auch schnellsegelnde Fregatten zur Aufklärung. Nur Schiffe von mehr als 50 Kanonen wurden als Schlachtschiffe gezählt. Es entstanden seetaktische Regeln, Vorschriften für Ausbildung des Personals, Flaggen-und Salutreglements u. a. Es ist die Zeit der heldenmütigsten Geschützkämpfe; auf Pistolenschußweite, backgebraßt, beschossen sich stundenlang die mächtigen Kolosse, während die Zersplitterung der Schiffsteile mehr Verluste herbeiführte als die Vollgeschosse selbst. Schon wurden Brander mit Erfolg verwendet, namentlich bei Strom gegen verankerte Flotten abgelassen. In den Einzelgefechten entschied das Entern nach vorherigem Geschützkampf.
Die Dänen und Schweden hatten schon im 17. Jahrh. große Kriegsflotten, ebenso schuf Peter d. Gr. eine solche nach der holländischen. Ein neuer Aufschwung der engl. Kriegsflotte trat durch Lord Jervis und namentlich durch Nelson ein. Von 1798 bis 1805 ist Nelsons Geschichte die der engl. Kriegsmarine. Er war stets der angreifende Teil, wobei ihm die Tüchtigkeit seiner Artilleristen zustatten kam. Der letzte Segelschiffskampf fand in der Bucht von Navarino 20. Okt. 1827 statt zwischen England, Rußland und Frankreich gegen die türk.-ägypt. Flotte unter Ibrahim Pascha.
Die zuerst gebauten Dampffregatten, Korvetten und Avisos hatten leicht verletzbare Räder, die auch den besten Raum für die Geschütze wegnahmen. Die 1840 eingeführte Schiffsschraube gestattete eine bessere Geschützaufstellung und die Verlegung der Maschine unter die Wasserlinie. Die Einführung der Granatkanonen mit Sprenggeschossen hatte die Panzerung im Gefolge. Napoleon III. ließ zuerst schwimmende Panzerbatterien mit Eisenplatten bauen und im Krimkriege Kinburn, 18. Okt. 1855, beschießen. Dies gab den Anstoß zu einer Umwälzung in allen Kriegsflotten. Die Kriegsschiffe erhielten nun verschiedene Typs, Ausrüstung und Bewaffnung, gemäß den allerdings spärlichen Erfahrungen des amerik. Bürgerkrieges und des Österr.-Ital. Krieges 1866. Das Gefecht auf der Reede von Hampton und die Seeschlacht bei Lissa, 20. Juli 1866, zeigten, daß die Panzer einen wesentlichen Schutz gegen die Schiffsartillerie boten und brachten ferner eine antike Waffe wieder zur Geltung, den Sporn, und mit ihm die Rammtaktik. Hiermit begann der Wettkampf zwischen Panzer und Geschütz, der die zahlreichen Änderungen der Geschütze (lange Rohre, rauchschwaches Pulver, Hartguß- und Stahlpanzergeschosse) und der Panzerung (gehärteter Nickelstahl bis zu 30 cm Stärke) hervorgerufen hat. 1905 hat die engl. Marine einen großen Schritt vorwärts getan dadurch, daß sie auf Grund der Erfahrungen in der Seeschlacht bei Tsushima bei dem Dreadnougth, dem neuesten Linienschiff von 18.800 t Wasserverdrängung, die schwere Artillerie von vier auf zehn 30,5 cm-Geschütze vermehrt und die mittlere Artillerie (23,4 cm) überhaupt ausgeschieden hat.
Entsprechend den vielseitigen Aufgaben einer Kriegsflotte, dem Feinde möglichst viel Schaden zuzufügen durch Vernichtung seiner Seestreitkräfte und Handelsschiffe, Absperrung seiner Häfen etc. und andererseits den eigenen Häfen und Handelsschiffen wirksamen Schutz zu gewähren, sind verschieden gebaute und armierte Schiffe erforderlich, und zwar Panzerschlacht- oder Linienschiffe zur Bekämpfung der feindlichen Flotte, Küstenpanzerschiffe (meist veraltete Schlachtschiffe) zur Küstenverteidigung, schnellfahrende Kreuzer, früher Avisos, zum Aufklärungsdienst und zum Schutz der Handelsflotte, daneben Kanonenboote, die auch zum Stationsdienst in flachern Gewässern, im Auslande dienen, ferner die sehr schnellen Torpedoboote und die Untersee- oder Unterwasserboote.
Buchempfehlung
Die Fledermaus ist eine berühmtesten Operetten von Johann Strauß, sie wird regelmäßig an großen internationalen Opernhäusern inszeniert. Der eingängig ironische Ton des Librettos von Carl Haffner hat großen Anteil an dem bis heute währenden Erfolg.
74 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro