Immanent

[498] Immanent (immanens, darin bleibend) ist ein Ausdruck für das Eingeschlossensein, Innenwirken einer Sache, Kraft, eines Ereignisses, einer Erkenntnis. Immanent ist, was in der Sache, im Begriff selbst steckt, nicht darüber hinausgeht (nicht »transcendent«, (s. d.)) ist. Bewußtseins-immanent heißt alles, was (nur) im Bewußtsein, als Bewußtseinsinhalt Existenz hat. Erfahrungs-immanent ist, was innerhalb der Erfahrung bleibt, die Erfahrung nicht überschreitet. Erkenntnis-immanent ist, was in den Bereich des Erkennens fällt, ohne deswegen gerade Erfahrungsobject sein zu müssen. Welt-immanent ist, nach dem Pantheismus (s. d.), Gott; nach dem Panentheismus (s. d.) ist die Welt Gott immanent.

»Immanent« sein kommt als enyparchein schon bei ARISTOTELES vor (enyparchein en ti estin, en logô: begriffliche Immanenz, Anal. post. I 4, 73 a 35 squ.; vgl. De coel. II 9, 291 a 11: en pheromenô... enyparchei; Phys. II 3, 194 b 24; Met. IX 8, 105 a 24 squ. ist vom enyparchein der energeia die Rede).

Die Scholastiker unterscheiden die »actio immanens«, welche über das. Subject der Tätigkeit nicht hinausgreift, von der »actio transiens«. »Immanentes (actiones) sunt, per quas... subiectum non transmutatur. Hae manent subiective in agente. Tales sunt operationes potentiarum animae cognitivarum et appetitivarum« (GOCLEN, Lex. philos. p. 1125). Nach BAUMGARTEN ist »immanens« jede »actio, quae non est influxus« (Met. § 211). Nach LEIBNIZ sind die Handlungen der Monaden (s. d.) diesen immanent (vgl. Harmonie).

Die Unterscheidung von »causa immanens« und »causa transiens« hat Bedeutung bei SPINOZA. Nach ihm ist Gott (s. d.) die immanente Ursache, der permanente Grund alles Geschehens, insofern er (als »natura naturans«, (s. d.)) nur in den Dingen (den »modis«) wirkt. »Deus est omnium rerum causa immanens, non vero transiens. – Omnia, quae sunt, in Deo sunt et per Deum concipi debent, adeoque Deus rerum, quae in ipso sunt, est causa... Deinde extra Deum nulla potest dari substantia, hoc est res, quae extra Deum in se sit« (Eth. I, prop. XVIII; vgl. Ursache).

Den Begriff der Erfahrungs-(Erkenntnis-)Immanenz prägt KANT. Immanent ist alle innerhalb der Erfahrungsmöglichkeit bleibende, auf ein Erfahrbares sich beziehende Erkenntnis (Krit. d. r. Vern. S. 271). Die Anschauungsformen (s. d.)[498] und die Kategorien (s. d.) lassen nur eine immanente Anwendung zu, dienen nur zur Verarbeitung der Erfahrung (Prolegom. § 40).

Die Bewußtseinsimmanenz, d.h. die Immanenz der Außendinge im erkennenden Bewußtsein, im Ich, betont J. G. FICHTE. »Der Kriticismus ist darum immanent, weil er alles in das Ich setzt« (Gr. d. g. Wiss. S. 41). SCHELLING; spricht schon von einer »immanenten Philosophie« (Vom Ich S. 113). Nach E. V. HARTMANN ist immanent »alles, was von der Form des Bewußtseins als vorgestellter Inhalt umfaßt wird, innerhalb dieser Sphäre des unmittelbar Gegebenen bleibt« (Grundl. d. transcendental. Realism. S. XIII). UPHUES unterscheidet zweierlei Immanenz, »das unmittelbar Immanente, welches die gegenwärtigen Bewußtseinsvorgänge des eigenen Bewußtseins umfaßt und den Gegenstand der Reflexion bildet, und das mittelbar Immanente, die vergangenen Bewußtseinsvorgänge des eigenen Bewußtseins« (Psychol. d. Erk. I, 7).

Logische Immanenz nennt B. ERDMANN die eigenartige Beziehung der Merkmale des Gegenstandes zu diesem, des Prädicats zum Subject im Urteil (s. d.). Vgl. Object.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 498-499.
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