Limitative (»unendliche«) Urteile

[602] Limitative (»unendliche«) Urteile sind Urteile, welche ein negatives Prädicat enthalten, aber der Form nach bejahend sind: S ist non-P, d.h. es ist alles mögliche (Unendliches), nur nicht positives P (dieses wird ausgeschlossen aus der Sphäre des Gültigen). Als eine besondere Klasse von Urteilen hat die limitativen Urteile KANT aufgestellt. »Ebenso müssen in einer transcendentalen Logik unendliche Urteile von bejahenden noch unterschieden werden, wenn sie gleich in der allgemeinen Logik jenen mit Recht beigezählt sind und kein besonderes Glied der Einteilung ausmachen. Diese nämlich abstrahiert von allem Inhalt des Prädicats (ob es gleich verneinend ist) und sieht nur darauf, ob dasselbe dem Subject beigelegt oder ihm entgegengesetzt werde. Jene aber betrachtet das Urteil auch nach dem Werte oder Inhalt dieser logischen Bejahung vermittelst eines bloß verneinenden Prädicats, und was diese in Ansehung[602] des gesamten Erkenntnisses für einen Gewinn verschafft.« Durch das Urteil: »Die Seele ist unsterblich« »wird nur die unendliche Sphäre alles Möglichen insoweit beschränkt, daß das Sterbliche davon abgetrennt und in den übrigen Raum ihres Umfanges die Seele gesetzt wird... Diese unendlichen Urteile also in Ansehung des logischen Umfanges sind wirklich bloß beschränkend« (Krit. d. r. Vern. S. 90 f.). »Das unendliche Urteil zeigt nicht bloß an, daß ein Subject unter der Sphäre eines Prädicats nicht enthalten sei, sondern daß es außer der Sphäre desselben in der unendlichen Sphäre irgendwo liege; folglich stellt dieses Urteil die Sphäre des Prädicats als beschränkt vor« (Log. S. 161). »In verneinenden Urteilen afficiert die Negation immer die Copula; in unendlichen wird nicht die Copula, sondern das Prädicat durch die Negation afficiert« (l.c. S. 162). Das »unendliche Urteil« acceptiert u. a. FRIES (Syst. d. Log. S. 133). TRENDELENBURG nennt es eine »künstliche Form«, »lediglich aus einem Experiment der Logiker entstanden« (Gesch. d. Kategorienl. S. 290; Log. Unters. II2, 266 f.). Ähnlich denken W. ROSENKRANTZ (Wissensch. d. Wiss. II, 154), WUNDT u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 1. Berlin 1904, S. 602-603.
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