Adickes, Erich

[4] Adickes, Erich, geb. 1866. Professor in Tübingen.

A. steht in seinen Anschauungen Paulsen nahe, er ist kritischer Empirist oder gemäßigter Kantianer. Die Philosophie ist Theorie des Denkens (Logik, Erkenntnistheorie) und Metaphysik, im weiteren Sinne umfaßt sie auch Psychologie, Ethik und Ästhetik, aber nicht die Soziologie. Sie hat die »allgemeinen Bedingungen und Prinzipien des Denkens und Erkennens zu untersuchen und festzustellen«, darf nicht in die Einzelwissenschaften eingreifen. Apriorische Funktionen sind nicht apriorische Erkenntnisse; durch innere Erfahrung werden sie gefunden. Ein Minimum des Apriorischen ist nur anzunehmen. So ist eine Theorie der geometrischen Axiome ohne Apriorismus möglich; es handelt sich in der Geometrie um einfachste, leichtest übersehbare Verhältnisse und quantitative Unterschiede, die ein für allemal gelten Nicht die fertige Raum- und Zeitvorstellung, nur der Zwang, räumlich und zeitlich anzuschauen, ist apriorisch. Die Materie ist als solche »ein Werk unseres Geistes, sie existiert nur als Bewußtseinszustand«. Körper gibt es nur für ein Subjekt, Atome sind nur »Lückenbüßer des Verstandes«. In uns haben wir den Schlüssel zur Welt. Für sich sind die Dinge psychisch, Glieder eines »universellen psychischen Kausalzusammenhanges«, die als Körper erscheinen (Idealistischer Parallelismus). Es gibt keine absoluten, wohl aber allgemeingültige Normen und Werte. Der wohlverstandene ethische Relativismus und Eudämonismus sowie der psychologische Determinismus sind berechtigt.

SCHRIFTEN: Kants Systematik als systembildender Faktor, 1887. – Kantstudien, 1895. – German Kantian Bibliography, 1895. – Die bewegenden Kräfte in Kants[4] philos. Entwicklung, Kantstudien I, 1897. – Philosophie, Metaphysik und Einzelwissenschaften, Zeitschr. f. Philos. u. philos. Kritik, Bd. 113, 1898. – Ethische Prinzipienfragen (Zeitschr. f. Philos. u. philos. Krit., Bd. 116-117) – Kant contra Haeckel, 1901; 2. A. 1906. – Charakter und Weltanschauung, 1905, u. a.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 4-5.
Lizenz:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika