[14] Anaxagoras aus Klazomenae (Kleinasien), geb. um 500 n. Chr., lebte in Athen als Freund des Perikles, wurde der Gottlosigkeit angeklagt, ging nach Lampsakos, starb dort um 427 n. Chr.
A. ist einer der jüngeren griechischen Naturphilosophen. Er lehrt eine qualitative Atomistik. Werden und Vergehen ist gleichbedeutend mit Verbindung (synkrisis) und Trennung (diakrisis) von unveränderlichen Teilchen. Diese Teilchen sind die »Samen« (spermata) der Dinge; nach dem Vorbilde des Aristoteles wurden sie später »Homöomerien« (homoiomereiai) genannt, weil gleichartige Teilchen (wie Knochen-, Gold- und andere Teilchen) sich zu den betreffenden Körpern (Knochen usw.) verbinden oder wenigstens in den betreffenden Körpern vorwiegen, denn eigentlich ist »alles in allem« (panta en panti). Ursprünglich bestand ein Chaos, in welchem alle Teilchen ungeordnet lagen (homou panta chrêmata ên) und ruhten. Neben diesen materiellen Teilen gibt es nach A. noch eine feinste Substanz oder Kraft, den »Geist«[14] (nous). Der »Geist« ist unbegrenzt, für sich seiend, rein, der Grund der Bewegung und Ordnung (eitha ho nous elthôn auta diekosmêsen). Er ist allwissend (panta egnô nous) und allmächtig, eins mit der Gottheit (Stofflich ist er nach Peipers, Dilthey, Gomperz, Windelband, Zeller u. a., immateriell nach Heinze, Arleth u. a.). Indem der »Geist« zunächst an einem Punkte einen Umschwung bewirkte, welcher immer weiter um sich griff, erfolgte allmählich die Sonderling der ungleichartigen und die Verbindung der gleichartigen Teilchen. Der Geist ist das Zweckprinzip, von dem aber (wie Aristoteles es ihm vorwirft) A. keinen weiteren Gebrauch macht. Den Pflanzen schreibt A. Beseelung zu. Sie. und die Tiere sind aus Keimen, die aus dem Äther auf die Erde fielen, entstanden (damit sind neuere »kosmozoische« Hypothesen, z.B. bei Arrhenius, zu vergleichen).
Die Sinne empfinden Wärme durch Kälte usw., d.h. durch Ungleichartiges (gegen Empedokles). Wahre Erkenntnis ist aber ein Werk des Denkens, da die Sinne nicht genügend analysieren, – Schüler des A. sind Archelaos und Metrodoros von Lampsakos.
SCHRIFTEN: Peri physeôs bei Diels, Vorsokrat. I, 293 ff. – Vgl. SCHAUBACH, Anax. Clazom. Fragm., 1827. – BREIER, Die Philos. d. Anaxag., 1840. – HEINZE, Über d. nous des A., 1890. – E. ARLETH, D. Lehren d. A. vom Geist u. d. Seele, Arch. f. Gesch. d. Philos., Bd. 133.