[38] Avicenna (Ibn Sina), arabischer Philosoph und Arzt (als solcher durch seinen medizinischen »Kanon« lange berühmt), geb. 980 in der persischen Provinz Bokhara, lehrte Medizin und Philosophie, führte ein unstetes Leben, schrieb über hundert Bücher, starb 1037 zu Hamadan. Außer einer großen wissenschaftlichen Enzyklopädie schrieb er besonders Kommentare zu Aristotelischen Schriften (De anima. De mundo. Metaphys. Logic. Phys. u. a.). Metaphysica, 1493. Opera, 1495,1546. Von Alfârâbi ausgegangen, näherte A. die neuplatonische Gedankenrichtung[38] desselben dem Aristotelismus. Wichtig ist zunächst seine Universalienlehre, welche spätere Scholastiker beeinflußt hat. Er stellt den Satz auf: »Intellectus in formis agit universalitatem«, wonach das vergleichend-abstrahierende Denken das logisch Allgemeine (»genus logicum«) auf Grund des in den Dingen steckenden realen Allgemeinen gewinnt. Vor den Dingen existiert das Allgemeine nur im göttlichen Intellekte. Das Allgemeine als logisches Gebilde ist Gegenstand der Reflexion (»intentio secunda«). Das Prinzip der Vielheit, der Individuation ist die Materie. Diese ist ewig, d.h. sie geht wie der Weltgeist (aktive Intellekt) und wie die Welt ewig aus Gott hervor. Die Himmelssphären sind durch je eine Seele bewegt. Die vernünftige Seele ist unsterblich. Sie ist einfach und vom Leibe trennbar. Es gibt äußere und innere Sinne. Zu den letzteren gehört der Gemeinsinn. Auch eine Theorie des Sehens gibt A., der als Psychologe nicht ohne Bedeutung ist.
Vgl. PRANTL, Gesch. d. Log. II2, S. 325 ff. – M. WINTER, Über Avicennas Opus egregium de anima, 1903, auch die im Artikel Averroës zitierten Schriften von MUNK u. DE BOER.