[92] Charron, Pierre, geb. 1541 in Paris, Kanzelredner, Kanonikus, gest. 1603 in Paris.
Ch. ist ein von Montaigne beeinflußter Skeptiker. Die Weisheit besteht in Selbsterkenntnis und in dem auf ihr beruhenden Handeln, Weisheit ist es, sich naturgemäß zu verhalten (»consentir à la nature«), sich in die Ordnung der Natur einzufügen, sich durch nichts fesseln zu lassen und seine innere Freiheit zu bewahren. Eine sichere Erkenntnis des Wesens der Dinge ist weder durch Erfahrung, noch durch Vernunft möglich. Die Wahrheit ist für uns nicht erreichbar; sie ist in Gott, der Mensch aber »ne fait et n'entend rien à droit, au pur et au vrai comme il faut« (De la sag. I, 14). Wir müssen daher unser Urteil suspendieren, uns mit Wahrscheinlichkeit begnügen, um die leidenschaftslose Geistesruhe zu erlangen. Das sittlich Gute ist das Naturgemäße und beruht subjektiv nur auf der Gesinnung. Sittlichkeit, Rechtschaffenheit (»preud'-hommie«) beruht nicht auf Religion, sondern diese auf jener. Der Atheismus ist zu bekämpfen; der erlaube ersetzt das Wissen.
SCHRIFTEN: Trois véritées contre tous athées, 1594. – Hauptwerk: De la sagesse,[92] 1601, 2. ed. 1604 (modifiziert); deutsch 1801. – Oeuvres, 1635. – Vgl. L. WESSEL, Die Ethik Ch.'s, 1904. – B. RICHTER, Der Skeptizismus in d. Philos. II. 1908.