Du Bois-Reymond, Emil

[139] Du Bois-Reymond, Emil, geb. 1815 in Berlin, Prof. der Physiologie daselbst, gest. 1896.

D. ist durch sein »Ignorabimus« in weiten Kreisen bekannt geworden. Von den sieben »Welträtseln« sind der Ursprung des Lebens, die Zweckmäßigkeit der Organismen und die Ausbildung der Vernunft und Sprache im Prinzip lösbar. Hingegen bleiben unlösbar, transzendent vier Probleme: Wesen von Kraft und Materie, Ursprung der Bewegung, Entstehung von Empfindung und Bewußtsein, Willensfreiheit. Wenn man auch noch so genau den Bau des Gehirns und das mechanische Zusammenwirken der Moleküle und Atome kennen wird, kann man daraus doch nicht im geringsten das Psychische als solches begreifen und ableiten. Dies gilt selbst für einen unendlichen (»Laplaceschen«) Geist, der aus der Kenntnis der Lage und Bewegungen der Atome zu einer bestimmten Zeit alles Zukünftige, soweit es mechanisch abläuft, vorauszusehen vermag. Trotz ihrer Mängel und Schwierigkeiten (z.B. des Atombegriffs) ist doch die mechanistische Naturerklärung die einzig mögliche. »Es gibt für uns kein anderes Erkennen als das mechanische, ein wie kümmerliches Surrogat für wahres Erkennen es auch sei, und demgemäß nur eine wahrhaft wissenschaftliche Denkform, die physikalisch-mathematische«. »Die theoretische Naturwissenschaft ruht nicht eher, als bis sie die Erscheinungswelt auf Bewegungen letzter Elemente zurückführt, welche nach denselben Gesetzen vor sich gehen wie die der gröberen, sinnfälligen Materie« (Red. I, 232, 434).

SCHRIFTEN: Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Muskel- und Nervenphysik, 1875 ff. – Über die Grenzen der Naturerkenntnis, 1872. – Die sieben Welträtsel, 1882. – Reden u. Aufsätze, 2. A, 1886 (enthalten auch die beiden genannten Vortrage).

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 139.
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